Bestand und Reichweite

Auftrags­stau der Industrie wird kürzer

Die deutsche Industrie konnte auch im Dezember dank der geringer werdenden Materialknappheit wieder mehr Bestellungen abarbeiten. Das Auftragspolster bleibt aber komfortabel, die Reichweite ist wieder gestiegen.

Auftrags­stau der Industrie wird kürzer

ba Frankfurt

Die immer reibungsloser funktionierenden Lieferketten verkürzen den Auftragsstau in der deutschen Industrie. Vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge sank der Bestand an unerledigten Bestellungen preis-, kalender- und saisonbereinigt im Dezember den zweiten Monat in Folge, und zwar um 0,4% gegenüber dem Vormonat. Über das Jahr 2022 hinweg sei der Auftragsbestand leicht gestiegen und habe im Dezember 2022 einen um 1,2% höheren Stand als im Dezember 2021 erreicht, erklärten die Wiesbadener Statistiker. „Damit normalisierte sich die Entwicklung im abgelaufenen Jahr etwas.“ 2021 war der Auftragsbestand geprägt von Corona-Nachholeffekten stark angestiegen, da die Betriebe die Bestellungen wegen der Lieferkettenprobleme nicht abarbeiten konnten. Im vergangenen Jahr allerdings verlor die Weltwirtschaft auch wegen der Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs deutlich an Schwung und zudem entspannte sich der Lieferkettenstress sukzessive. Im Januar berichteten nur noch 48,4% der vom Ifo-Institut befragten Unternehmen von Engpässen. Im Dezember waren es 50,7% nach 59,3% im November.

„Der Auftragsbestand befindet sich aktuell weiter auf einem sehr hohen Niveau“, betonten die Statistiker. Im Vor-Corona-Vergleich lag der Auftragsbestand im Dezember 2022 um 30,8% höher als im Dezember 2019. Die Materialknappheit hatte insbesondere von Mitte 2021 bis Mitte 2022 große Teile der industriellen Produktion beeinträchtigt – seither gleichen sich Auftragseingänge und Produktion zunehmend an, hieß es weiter. Ökonomen setzen darauf, dass das dicke Auftragspolster die Industrieproduktion in den kommenden Monaten weiter stützt. „Insgesamt dürften die seit dem Beginn der Pandemie aufgetürmten zusätzlichen Auftragsbestände mehr als 10% einer Jahresproduktion ausmachen“, schätzt etwa Nils Jannsen, Leiter Konjunktur Deutschland am IfW Kiel. Damit die Erholung wieder Fahrt aufnehme, müssten sich aber „die Auftragseingänge rasch wieder fangen, so wie es die jüngsten Umfragen unter Unternehmen nahelegen“. Bis auf wenige Ausnahmen waren die Neubestellungen 2022 kontinuierlich gesunken. Im Dezember 2022 erhöhte sich die Reichweite des Auftragsbestands auf 7,4 Monate nach 7,3 Monaten im November. So lange müssten die Betriebe theoretisch bei gleichbleibendem Umsatz produzieren, um die bereits vorhandenen Aufträge abzuarbeiten.

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