Dietmar Haffa

Das StaRUG hilft Emittenten bei der Restrukturierung von Anleihen

Nach zwei Jahren StaRUG zieht Fachanwalt Dietmar Haffa von Schultze & Braun eine Zwischenbilanz und zeigt auf, welche Vorteile das Gesetz zur vorinsolvenzlichen Sanierung bietet.

Das StaRUG hilft Emittenten bei der Restrukturierung von Anleihen

Herr Haffa, zum Jahreswechsel wurde das Gesetz zur vorinsolvenzlichen Sanierung StaRUG zwei Jahre alt. Sie waren in mehreren StaRUG-Fällen tätig. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

StaRUG-Verfahren werden selten öffentlich bekannt – das ist ein Vorteil, führt aber auch dazu, dass es keine offiziellen Fallzahlen gibt. Eine Befragung der 24 Restrukturierungsgerichte hat ergeben, dass es 2021 lediglich 22 StaRUG-Verfahren gab. An der reinen Zahl der Verfahren dürfte sich 2022 wenig geändert haben. Das R in StaRUG steht also immer noch für Rarität.

Eine Rarität ist aber nicht nur selten, sondern oftmals auch wertvoll. Trifft das auf das StaRUG zu?

Definitiv. Das Verfahren im Vorfeld und außerhalb einer Insolvenz bietet gerade bei der Restrukturierung von Anleihen und Schuldscheindarlehen für den Emittenten viele Möglich­keiten.

Welche sind das?

Opportunistische Gläubiger oder sogar ganze Gläubigergruppen können mit dem StaRUG mehrheitsbasiert überstimmt werden. Das ist zum Beispiel von Vorteil, wenn einzelne Gläubiger mit ihrer Weigerung eine von den anderen Beteiligten angestrebte Restrukturierung be- oder sogar verhindern könnten. Zwar sind Mehrheitsentscheidungen nach dem Schuldverschreibungsgesetz, kurz SchVG, grundsätzlich auch möglich – allerdings nur, wenn dies in den Anleihebedingungen so vorgesehen ist.

Wie sieht das beim StaRUG aus?

Mit dem StaRUG können Anleihen zum Beispiel auch dann restrukturiert werden, wenn dies in den Bedingungen nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Gleichzeitig lassen sich mit dem StaRUG nahezu alle im SchVG vorgesehenen Maßnahmen umsetzen. Gleichwohl sollte ein Emittent in einer Krise immer individuell prüfen und entscheiden, welche Re­strukturierungsvariante er wählt. Es ist sogar möglich, bei einer Restrukturierung das StaRUG und das SchVG einzusetzen.

Bei der Restrukturierung breit gestreuter Anleihen dürfte es oft eine Hürde sein, dass sich überhaupt genügend Anleihegläubiger an der Abstimmung beteiligen. Hilft hier das StaRUG weiter?

Nach dem SchVG müssen mindestens 50% der Gläubiger bei der Abstimmung beteiligt sein. Beim StaRUG­ werden alle Anleihegläubiger als Basis herangezogen – auch wenn sie nicht an der Abstimmung teilnehmen. In beiden Fällen müssen grundsätzlich 75% zustimmen. Beim StaRUG können jedoch nicht nur die ablehnenden 25% der Gläubiger, sondern ganze Gläubigergruppen überstimmt werden. Zudem wird ein eventuell bereits bestellter gemeinsamer Vertreter der Anleihegläubiger im StaRUG zum sogenannten starken gemeinsamen Vertreter, der die Anleihegläubiger allein vertritt. Es ist natürlich sinnvoll, sich im Vorfeld mit ihm abzustimmen.

Was sind die Voraussetzungen, um ganze Gläubigergruppen mehrheitlich zu überstimmen?

Ein solcher sogenannter Cross-Class Cram-down ist immer an bestimmte Bedingungen geknüpft. So dürfen die betroffenen Gläubiger etwa durch den Restrukturierungsplan nicht schlechtergestellt werden, als sie ohne den Plan stünden.

Sie sprechen den Restrukturierungsplan an, das Herzstück jedes StaRUG-Verfahrens. Welche Op­tionen bietet dieses Instrument?

In einen Restrukturierungsplan kann der Emittent alle seine Anleihen einbeziehen, er kann die Restrukturierung im Plan aber auch auf ausgewählte Anleihen beschränken. Beim SchVG muss das Verfahren für jede Anleihe einzeln durchlaufen werden.

Gibt es StaRUG-Vorteile für Aktiengesellschaften?

Ja, so nimmt etwa Paragraf 302 des Aktiengesetzes explizit auf das StaRUG­ Bezug. Darin ist geregelt, dass ein Vergleich über einen Be­herrschungs- oder einen Gewinnabführungsvertrag einer AG nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich ist. Das führt in der Praxis oft zu einer großen Rechtsunsicherheit bei solchen Vergleichen, die gerade für größere oder börsennotierte AGs von Bedeutung ist, da sie oft mit ihren Tochtergesellschaften solche Verträge haben. Werden die Vergleiche als Teil eines Restrukturierungsplans geschlossen, sind sie rechts­sicher.

Dr. Dietmar Haffa ist Diplom-Betriebswirt und Fachanwalt für Insolvenz- und Restrukturierungsrecht bei Schultze & Braun.

Die Fragen stellte Helmut Kipp.

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