Schnelles Internet

EU-Kommission will Netz­ausbau vorantreiben

Bis 2030 soll in der EU flächendeckend schnelles Internet via 5G und Glasfaser verfügbar sein. Die EU-Kommission lanciert dafür ein neues Gesetz. Forderungen nach einer Datenmaut weicht sie aus.

EU-Kommission will Netz­ausbau vorantreiben

rec/hei Brüssel

Die EU-Kommission will mit einem neuen Konnektivitätspaket den Ausbau des schnellen Internets in der Europäischen Union vorantreiben. Ein entsprechendes Gesetz sieht vor, Aufwand und Kosten für Genehmigungen zu senken. Das laufende Jahrzehnt hat die Kommission zur „digitalen Dekade“ ausgerufen. Ihr Ziel: Bis 2030 soll in der EU flächendeckend schnelles Internet über den neuen Mobilfunkstandard 5G und Glasfaseranschlüsse verfügbar sein. Dafür sind riesige Investitionen nötig.

Um diese zu stemmen, fordern die Telekomnetzbetreiber seit langem eine Art Datenmaut, um insbesondere die Verursacher hoher Verkehrslast auf den Netzen an den Kosten des Ausbaus zu beteiligen. Das Ziel ist ein „fair share“, ein fairer Anteil, der sogenannten OTT-Player. Damit sind vor allem die US-Technologieriesen gemeint, denn Konzerne wie Meta, Alphabet, Amazon oder Netflix sind für mehr als 60% der globalen Datenströme verantwortlich.

Nun hat sich die EU erstmals dazu entschlossen, ein Konsultationsverfahren zu dem Thema einzuleiten. „Schnelles Internet benötigt hohe Investitionen“, sagte EU-Industriekommissar Thierry Breton. „Deshalb gehen wir der wichtigen Frage nach, wer für die nächste Generation der Verbindungsinfrastruktur zahlen sollte, einschließlich der Frage, ob Online-Plattformen diese Investitionskosten mit den Telekommunikationsbetreibern teilen sollten.“ Bis Mai haben alle Beteiligten Zeit zur Stellungnahme.

Die Zeit drängt

Aus Sicht der Branche drängt die Zeit. Weil die Unternehmen auf Basis der bestehenden Gesetzgebung nicht die Möglichkeit hätten, ihre Investitionen in Netze angemessen zu monetarisieren, drohe Europa in der Digitalisierung abgehängt zu werden. „Wir sind auf dem Weg zum Dritte-Welt-Land“, heißt es aus Unternehmenskreisen. Die gegenwärtige Situation sei auf Dauer eine „unhaltbare Lage“. Denn während der Datenverkehr in der EU in den vergangenen zehn Jahren jährlich um 30% angeschwollen sei, „blieben die Einnahmen der Telekomfirmen bestenfalls stabil oder minimal steigend“.

Die Kommission hält sich unterdessen bedeckt. Eine Datenmaut sei „ein komplexer Vorgang“ und erfordere daher eine „tiefgreifende Analyse“ von Daten und Fakten, bevor man über die Notwendigkeit eines solchen Schrittes entscheiden könne, heißt es von Seiten der EU. Zugleich unterstreicht die Kommission, sie bekenne sich „entschieden“ zu einem „neutralen und offenen Internet“. Damit entzieht die Behörde einem möglichen Druckmittel der Telekomfirmen, die Internet-Geschwindigkeit für bestimmte Inhalte zu drosseln, um die OTT-Player an den Verhandlungstisch zu zwingen, erneut die Grundlage.

Auch deshalb ist die Branche in direkten Gesprächen mit Netflix und Co bisher nicht vorangekommen. Die OTT-Player verweisen darauf, dass die Telekomnetzbetreiber von ihren Kunden für die Bereitstellung des Internetzugangs bezahlt werden. Eine Datenmaut entspreche einer doppelten Bezahlung. In dem breit angelegten Konsultationsverfahren dürfte dies auch ein Stein des An­stoßes sein. Dennoch stimmt der Beginn der Anhörung von den Telekomfirmen hoffnungsfroh. Markus Haas, CEO von Telefónica Deutschland, wertet dies als „einen ersten wichtigen Schritt“, um die Lasten für den Ausbau der digitalen Infra­struktur „zwischen Verursachern und Infrastrukturbetreibern fair zu verteilen“.

Die EU will mit dem neuen Gigabit­infrastrukturgesetz die bisherigen Vorgaben zum Breitbandausbau aus dem Jahr 2014 ersetzen. Mit deren Umsetzung in den EU-Staaten ist die EU-Kommission unzufrieden. Um Abhilfe zu schaffen, ist zum Beispiel vorgesehen, für den Ausbau des 5G-Netzes verstärkt Gebäude der öffentlichen Hand zu nutzen. Außerdem schwebt der EU-Kommission vor, für den Bau von Gewerbeimmobilien einen Glasfaseranschluss vorzuschreiben. Mit den Vorschlägen müssen sich nun die zuständigen Minister und das EU-Parlament befassen.

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