M&A-Deals

Finanzinvestor Hg verkauft Transporeon

In den letzten Tagen des Jahres 2022 kommen die M&A-Deals Schlag auf Schlag zum Abschluss – auch in Deutschland: Erst wurde Gorillas von Getir geschluckt, jetzt verkauft der britische Finanzinvestor Hg die Ulmer Logistik-Softwarefirma Transporeon für 1,9 Mrd. Euro an den US-Konkurrenten Trimble.

Finanzinvestor Hg verkauft Transporeon

cru Frankfurt

Kurz vor dem Ende des Jahres rollt noch einmal eine Welle von Fusionen und Übernahmen. Der Londoner Finanzinvestor Hg – früher: Hg Capital – verkauft die Ulmer Logistik-Softwarefirma Transporeon für 1,88 Mrd. Euro in bar an den US-Industrietechnikkonzern Trimble, wie die Beteiligten am späten Montagabend mitteilten. Das britische Private-Equity-Haus hatte Transporeon erst 2019 vom Wettbewerber TPG für gut 700 Mill. Euro gekauft und seither mit Zukäufen ausgebaut.

Die Übernahme des deutschen Unternehmens reiht sich in die Welle internationaler M&A-Deals der vergangenen Tage ein. Allein am Montag wurden Übernahmen und große Unternehmensinvestitionen im Wert von mehr als 50 Mrd. Dollar unterzeichnet – eine gute Nachricht für Investmentbanker in einem Jahr, das dank eines dramatischen Ausverkaufs an den Finanzmärkten für die Dealmaker mit einem Einbruch um mehr als ein Drittel beim M&A-Volumen eher enttäuschend verlief. Zu den bemerkenswerten Transaktionen gehörten vor allem drei Deals: Das in Kalifornien ansässige Biotech-Unternehmen Amgen übernimmt Horizon Therapeutics für 28,3 Mrd. Dollar einschließlich Schulden – der größte Pharmadeal seit dem Kauf von Alexion durch AstraZeneca für 39 Mrd. Dollar im Jahr 2021. Zudem schloss der Aromenhersteller Novozymes einen Deal zur Übernahme des kleineren Konkurrenten Chr. Hansen für rund 12 Mrd. Dollar ab, was die größte Fusion zweier dänischer Unternehmen wäre. In Deutschland wurde darüber hinaus der Schnelllieferdienst Gorillas aus Berlin vom türkischen Rivalen Getir aus Istanbul geschluckt – mit einer kräftig eingedampften Bewertung von nur noch 1,2 Mrd. Dollar.

Schlag auf Schlag

Es geht also Schlag auf Schlag – und jetzt kommt der Transporeon-Deal: Die im Jahr 2000 gegründete Firma aus Ulm mit rund 1400 Mitarbeitern vernetzt Logistikfirmen, Lieferanten, Verlader und Einzelhändler auf einer Cloud-Plattform. An das System sind nach Transporeon-Angaben inzwischen 145000 Spediteure angeschlossen, vor allem in Europa. Über die Software würden im Jahr 25 Millionen Transporte im Wert von 48 Mrd. Euro abgewickelt.

Am Verkauf verdienen viele Adressen: Die Londoner Hg hatte die Investmentbank Goldman Sachs mit der Versteigerung beauftragt. Centerview Partners ist der exklusive Finanzberater von Trimble, und die Kanzlei Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom agiert als Rechtsberater von Trimble. BoA Securities ist alleiniger Konsortialführer und Bookrunner. Goldman Sachs fungiert als exklusiver Finanzberater von Transporeon, und Latham Watkins fungiert als Rechtsberater von Hg.

„Transporeon ist eine führende Plattform für vernetzte Supply-Chain-Infrastruktur“, sagte Trimble-Chef Rob Painter. „Zudem hat das Unternehmen einen großen Zielmarkt und wächst profitabel.“ Transporeon-Chef Stephan Sieber will die Plattform unter dem neuen Eigentümer auch in Nordamerika etablieren. Der Transporeon-Deal ist schon die zweite Verkaufstransaktion von Hg in Deutschland in diesem Jahr. Zuvor hatte der Finanzinvestor bereits den Pflegedienst-Softwareanbieter Medifox Dan aus Hildesheim für rund 1 Mrd. Euro an den US-Konkurrenten Resmed verkauft.

Firma wächst stark

Für das Jahr 2023 erwartet Transporeon nach Angaben von Trimble einen Umsatz von 190 Mill. Euro, das wäre ein Plus von 25% im Vergleich zum Jahr 2022. Die operative Umsatzrendite soll dann bei 30% liegen. Das entspräche einem operativen Ergebnis (bereinigtes Ebitda) von mehr als 60 Mill. Euro.

Der Kaufpreis für Transporeon wird voraussichtlich durch eine Kombination aus Barmitteln und neuen Schulden finanziert. Die Transaktion soll in der ersten Hälfte des Jahres 2023 abgeschlossen werden.

Hg wollte mit dem Weiterverkauf von den gestiegenen Bewertungen in der Logistik-Branche infolge des E-Commerce-Booms profitieren. Deutschland gilt wegen seiner zentralen Lage als größter Logistikmarkt in Europa – größer als Großbritannien und Frankreich zusammen. An Transporeon interessiert waren auch Finanzinvestoren, doch Trimble konnte am meisten bieten. Der Kurs der Trimble-Aktien fiel an der Nasdaq zeitweise um 7%.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.