Private-Equity-Häuser

Mächtig in der Minderheit

Normalerweise wollen Private-Equity-Häuser die volle Kontrolle. Doch immer öfter begnügen sie sich neuerdings mit einem Minderheitsanteil. Sie lassen sich indes vertraglich verankerte Rechte zur Einflussnahme auf die Besetzung der Spitzenposten einräumen, wie Bank-of-America-Banker Birger Berendes berichtet.

Mächtig in der Minderheit

cru Frankfurt – Seit KKR, die Mutter aller Private-Equity-Firmen­, 1976 von Jerome Kohlberg, Henry Kravis und George Roberts gegründet wurde, ist die Branche vor allem für stark fremdfinanzierte Käufe von Mehrheitsbeteiligungen an relativ großen und etablierten nichtbörsennotierten Unternehmen samt anschließender Kostensenkung be­kannt.

Doch inzwischen vollzieht sich ein Strategiewandel, wie Investmentbanker beobachten: „Bis vor einigen Jahren waren Finanzinvestoren dafür bekannt, mit einem starken Schuldenhebel Mehrheitsbeteiligungen an Unternehmen zu erwerben. Inzwischen streben Private-Equity-Firmen situationsbedingt auch immer häufiger Minderheitsbeteiligungen an“, sagte Birger Berendes, Europa-Co-Head M&A der Bank of America, der Börsen-Zeitung.

Beispiele dafür sind die Minderheitsbeteiligung von KKR bei der Lieferketten-Software von Körber sowie Attestor bei der VW-Tochter Europcar oder die französische Ardian beim Oldenburger Regionalversorger EWE und der Einstieg von Global Infrastructure Partners (GIP) samt KKR mit 49% bei der Vodafone-Funkturmtochter Vantage Towers. Die nächsten Minderheitsbeteiligungen von Finanzinvestoren könnte es bei der DFL, also den Übertragungsrechten der Bundesliga, und bei dem Flugzeug-Wartungsunternehmen Lufthansa Technik geben.

Alternative für Gründer

Von Gründern geführte Unternehmen, die nicht die Kontrolle an einen Finanzinvestor abgeben wollen, haben jetzt eine weitere Option. „Minderheitsbeteiligungen können für Unternehmen und Finanzinvestoren Vorteile bieten und haben für alle Beteiligten an Attraktivität gewonnen“, beobachtet Bank-of-America-Banker Berendes. „Zudem hat sich die Vorgehensweise von Private-Equity-Firmen verändert.“

Früher brauchte man die Minderheitsbeteiligung von Finanzinvestoren insbesondere, um den Wert des Unternehmens unter Beweis zu stellen. „Heute holt man sich immer häufiger über Private-Equity-Beteiligungen auch die spezifische Expertise der Beteiligungsfirmen ins Haus“, sagte Berendes.

Bei Körber und KKR geht es beispielsweise um eine strategische Partnerschaft, um Körbers Supply-Chain-Softwaregeschäft zu einem weltweiten Anbieter zu machen. Das Unternehmen soll durch Zukäufe und aus eigener Kraft wachsen, um die geografische Präsenz zu erweitern. Zudem geht es darum, den Übergang zu „Software as a Service“ zu beschleunigen.

„Hinsichtlich der Governance auf Seiten der Minderheitsbeteiligung wollen Finanzinvestoren in der Regel ein oder zwei wichtige Stellschrauben kontrollieren“, so Berendes. Das müsse aber nicht gleich ein Vetorecht für den Business-Plan sein. Oft genügt den Private-Equity-Firmen, dass beispielsweise über den Business-Plan vom Board mit Mehrheit abgestimmt wird und dass es ein Recht zum Einschreiten gibt, wenn der Vorstand vom Business-Plan stark abweicht. „Oder es wird ein vertraglich vereinbarter Einfluss auf die Besetzung des Vorstands – vor allem die Posten des CEO und des CFO – verankert“, beschreibt Berendes die Einflussnahme.

EQT steckt bei Ottobock fest

Nicht immer geht das Engagement in der Minderheitsposition glatt über die Bühne. Ein Beispiel für einen holprigen Verlauf ist die Beteiligung der schwedischen EQT am deutschen Medizintechnikunternehmen Ottobock. Eigentlich sollte der Prothesenhersteller an die Börse gehen. Doch das scheiterte bisher am schlechten Marktumfeld. Stattdessen sucht EQT einen Käufer für den 20%-Anteil, der mehr als 1 Mrd. Euro wert ist.

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