Antrittsbesuch

Scholz steht in China unter Druck

Die erste China-Reise von Kanzler Olaf Scholz ist von Kritik seiner Koalitionspartner überschattet. Beim Antrittsbesuch in Peking gibt es viel zu besprechen – und Signale in die Heimat zu senden.

Scholz steht in China unter Druck

Von Angela Wefers, Berlin

Mit drei zentralen Themen im Gepäck bricht Olaf Scholz (SPD) an diesem Donnerstag zu seinem Antrittsbesuch als Bundeskanzler nach China auf. Es sind: der Russland-Krieg in der Ukraine, eine regelbasierte und multipolare Wirtschaftsordnung sowie die Lage in Taiwan und dem Südchinesischen Meer. „Diese Themen halten wir für prioritär; wir glauben, dass diese Themen auch und vor allem mit China zu besprechen sind“, sagte ein hochrangiger Regierungsbeamter in Berlin. Am Freitag trifft Scholz in Peking zunächst Präsident Xi Jinping und im Anschluss Ministerpräsident Li Keqiang.

Begleitet wird Scholz von einer Wirtschaftsdelegation, die diesmal kleiner ausfällt als bei früheren Kanzlerreisen, gleichwohl hochrangig ist. Mit dabei sind Unternehmenschefs von Konzernen wie VW, BASF, BMW, Hipp und Merck. Der chinesische Markt ist für die deutsche Wirtschaft eminent wichtig. Die Unternehmen reisten mit dem Kanzler, weil sie strukturelle Probleme im Handel mit dem Land hätten, hieß es aus der Regierung.

Deutschland und China pflegen enge Beziehungen. Dies drückte sich in regelmäßigen Regierungskonsultationen aus. Scholz kommt aber nicht nur als Kanzler nach Peking. Er ist aktuell auch der Vorsitzende der G7, der Gruppe der westlichen Industrieländer. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine hat sich die geopolitische Lage verschoben. China pflegt die Nähe zu Russland und zeigt sich machtbewusst in der neuen geopolitischen Lage. Europa und die westliche Welt hat sie enger zusammengeführt. Es war sicher mit Bedacht geplant, dass seine erste Asienreise als Kanzler Scholz in das G7-Mitgliedsland Japan führte.

Multipolare Ordnung

Der Kanzler wolle in China für eine multipolare Ordnung werben, hieß es in Berlin. „Wir wollen keine Blockbildung“, sagte der Regierungsbeamte. Es gebe kein Bestreben, China politisch zu isolieren. Innerhalb der Ampel-Koalition zeigen sich indes Spannungen in der Haltung zu China. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erinnerte Scholz an die Vereinbarungen der Ampel-Koalition zur China-Politik. China habe sich massiv verändert. Baerbock nannte China einen zunehmend „systemischen Rivalen“ und warf dem Land im stärker werdenden Wettbewerb „unfaire Methoden“ vor. Für die FDP hatte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai den Zeitpunkt der Kanzlerreise als „äußerst unglücklich“ kritisiert und eine neue China-Strategie der Bundesregierung verlangt. Grüne und FDP hatten nur auf Druck des Kanzleramts eine Minderheitsbeteiligung der chinesischen Staatsreederei Cosco am Terminal Tollerort des Hamburger Hafens – wenn auch unter strengeren Auflagen – gebilligt.

Für die deutsche Wirtschaft ist China als Handelspartner von herausragender Bedeutung. Probleme gibt es seit Jahren bei den Bedingungen für den Marktzutritt von Unternehmen. Der Zugang hierzulande ist leichter als in China. Die Forderung nach Reziprozität ist nicht neu. „Die Marktzugangshindernisse sind Themen, die wir erörtern wollen“, sagte ein Regierungsbeamter. Scholz wolle auch über den Schutz geistigen Eigentums, freien Datenverkehr und öffentliche Aufträge sprechen.

Abbau von Abhängigkeiten

Unmittelbar vor seinem Aufbruch nach China kündigte Scholz in einem Gastbeitrag in der FAZ einen Kurswechsel an. „Es ist klar: Wenn sich China verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern“, schreibt der Kanzler und konkretisiert seine Ansage. Er sei zwar gegen eine wirtschaftliche Entkopplung. Einseitige Abhängigkeiten müssten aber abgebaut werden. „Wo riskante Abhängigkeiten entstanden sind – etwa bei wichtigen Rohstoffen, manchen Seltenen Erden oder bestimmten Zukunftstechnologien –, stellen unsere Unternehmen ihre Lieferketten nun zu Recht breiter auf. Wir unterstützen sie dabei, zum Beispiel durch neue Rohstoff-Partnerschaften“, schreibt Scholz.

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