RWE

Tiefstapler aus Essen

Natürlich wäre RWE von der Gewinnabschöpfung betroffen – allen voran, wenn es dank Laufzeitverlängerung um zusätzliche Einnahmen geht. Dass diese Zusatzerlöse durch die geplante Abschöpfungsregelung vollständig neutralisiert werden, scheint jedoch absurd.

Tiefstapler aus Essen

Es sind vermeintliche Luxusprobleme, mit denen sich RWE dieser Tage konfrontiert sieht. Denn die sprudelnden Gewinne, nicht zuletzt Folge der durch den russischen Gaslieferstopp ausgelösten Energiekrise in Europa, sind in Zeiten einer drohenden Rezession mehr als erklärungsbedürftig. Diesen Eindruck zumindest hinterlässt das Management von RWE und sieht wohlweislich davon ab, die im Sommer um stolze 1,5 Mrd. Euro erhöhte Gewinnprognose noch einmal zu erhöhen. Es sei richtig, dass die Profiteure der Energiekrise auch zu deren Bewältigung herangezogen würden, gibt man sich in Essen denn auch verständnisvoll und lobt, dass Berlin entschieden habe, alle verfügbaren Kraftwerkskapazitäten in den nächsten beiden Wintern wieder ans Netz zu bringen.

Kritik gibt es freilich, wenn es ins Detail geht, auch wenn bis heute nicht feststeht, wie Berlin die EU-Verordnung zur Gewinnabschöpfung ausgestaltet. Die größte Sorge ist, dass sich der Staat rückwirkend Zugriff auf die Gewinne verschaffen könnte. Nicht nur aus Sicht von RWE ein absolutes No-Go, werden Investoren damit doch vor den Kopf gestoßen. Die Energiewende aber lässt sich nur mit privatem Kapital finanzieren. Dass die Investoren am Ende auch eine ordentliche Verzinsung erwarten, versteht sich von selbst.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass RWE das Gros seiner Gewinnsteigerungen im Ausland erwirtschaftet hat, allen voran mit Gas und Biomasse sowie im Energiehandel. Zugleich findet der Ausbau der erneuerbaren Energien vor allem jenseits der deutschen Grenzen statt. Natürlich wäre RWE auch hierzulande von der Gewinnabschöpfung betroffen – allen voran, wenn es dank Laufzeitverlängerung um zusätzliche Einnahmen aus Kohle- und Atomkraftwerken geht. Die Vorstellung, dass diese Zusatzerlöse durch die geplante Abschöpfungsregelung vollständig neutralisiert werden, scheint jedoch absurd.

Fakt ist, dass RWE nach Ablauf von neun Monaten das Jahresziel beim bereinigten Nettoergebnis – zumindest den unteren Prognoserand – erreicht und den operativen Gewinn im Kerngeschäft schon mehr als verdoppelt hat. Zudem ist im Geschäft mit Kohle und Kernenergie, beides gehört nicht mehr zum Kerngeschäft, das Jahresziel nach neun Monaten so gut wie erreicht. Obendrein war in der Prognose die Wiederinbetriebnahme der stillgelegten oder in Reserve befindlichen Kohlekraftwerke noch nicht berücksichtigt.

Für RWE bleibt es eine Gratwanderung, die Gewinne als Profiteur der Energiekrise einzustreichen und sich zugleich als Garant für Versorgungssicherheit zu profilieren. Letzteres ist aber entscheidend, um auch in Zukunft in Berlin Gehör zu finden.

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