Großbritannien

Ängste vor Abbau der Coronahilfen

Die Resolution Foundation hält die Stärke des britischen Arbeitsmarkts für überschätzt. Der Abbau von Coronahilfen, die Arbeitsplätze sichern sollten, löst Besorgnis bei der Denkfabrik aus.

Ängste vor Abbau der Coronahilfen

hip London

Die Resolution Foundation hat die britische Regierung vor „gefährlicher Selbstzufriedenheit“ gewarnt. Die Stärke des heimischen Arbeitsmarkts und der Lohnentwicklung werde überschätzt, heißt es in einer neuen Studie der sozialliberalen Denkfabrik, deren Verfassern der am Donnerstag einsetzende schrittweise Abbau der Coronahilfen Sorgen macht. Bislang hatte der Staat im Rahmen des Coronavirus Job Retention Scheme bis zu einem gewissen Höchstbetrag 80% der Löhne und Gehälter der von ihren Arbeitgebern in den Zwangsurlaub geschickten Beschäftigten bezahlt. Ab Juli müssen die Unternehmen 10% selbst tragen. Der Staat will nur noch 70% übernehmen. Ende September soll das der deutschen Kurzarbeit ähnelnde Programm ganz auslaufen. Zudem ermittelt die britische Steuerbehörde HMRC in fast 13000 Fällen gegen Unternehmen, die staatliche Hilfen missbraucht haben sollen.

„Die britische Wirtschaft erholt sich schnell von einer tiefen und schmerzhaften Rezession“, sagte Gregory Thwaites, Research Director der Resolution Foundation. Es sei besonders schön, dass viele der nach Hause geschickten Mitarbeiter wieder an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt seien. „Aber diese ermutigenden Zeichen bergen das Risiko einer gefährlichen Selbstzufriedenheit, wenn man die Gesundheit des Arbeitsmarkts übertrieben positiv darstellt und mit Blick auf die weiterhin vor uns liegenden Gefahren untertreibt“, sagte Thwaites. Ein anziehender Arbeitsmarkt sei etwas anderes als Arbeitskräftemangel. Fehle es im Gastgewerbe an Mitarbeitern, sei das weder eine Katastrophe für die Volkswirtschaft noch ein Zeichen dafür, dass Geringverdiener nun mehr Verhandlungsmacht hätten.

Der Verband der Spediteure warnte derweil vor einem drohenden Lkw-Fahrer-Mangel. Schon vor der Pandemie hatte die Road Haulage Association erklärt, der Branche fehlten 60000 Fahrer. Nun seien es mehr als 100000. Das gefährde kritische Beschaffungsketten. Während der Lockdowns blieben die Testzentren geschlossen, in denen angehende Lkw-Fahrer ihre Führerscheinprüfung ablegten. Osteuropäische Fahrer blieben als Folge des Brexit aus.

Unterdessen schwindet die Unterstützung für die von der schottischen Regierungschefin Nicola Sturgeon erhoffte Loslösung von Restbritannien. Wie eine Umfrage der „Sunday Times“ zeigt, unterstützen nur noch 48% die nationale Unabhängigkeit. Eine Mehrheit von 52% ist dagegen. Im April hatte die Umfrage noch das umgekehrte Resultat ergeben. Nicht einmal ein Fünftel der Befragten sprach sich dafür aus, noch im kommenden Jahr ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum abzuhalten. Gut ein Drittel wollte darüber in zwei bis fünf Jahren erneut abstimmen. Der Rest wollte in den kommenden Jahren nicht erneut an die Urnen gebeten werden.