US-Immobilienmarkt

Am US-Häusermarkt zeichnet sich eine Wende ab

Lange Zeit hatten niedrige Zinsen den US-Häusermarkt beflügelt. Nun könnte aber die Kursverschärfung seitens der US-Notenbank für einen Dämpfer sorgen. Experten rechnen aber mit einer weichen Landung.

Am US-Häusermarkt zeichnet sich eine Wende ab

Von Peter De Thier, Washington

So schnell kann sich das Blatt wenden: Seit Beginn der Corona-Pandemie stand der US-Häusermarkt unter Dampf. Die Niedrigzinspolitik der Notenbank, der geringe Bestand an Eigenheimen, die zum Verkauf angeboten wurden, und der Drang potenzieller Käufer nach mehr Wohnraum führten zu Preissteigerungen, wie sie zuletzt während der Subprime-Krise gesehen wurden. Nun scheint dem Markt aber die Puste auszugehen. Am Montag stellte der Bauunternehmerverband National Association of Homebuilders (NAHB) sogar eine „Immobilienrezession“ fest. Gewiss handelt es sich bei dem Häusermarktindex des NAHB nur um einen von vielen Indikatoren. Einiges spricht aber dafür, dass der jüngst boomende Markt für Eigenheime vor einem Abschwung stehen könnte.

Zwar zeigte der S&P-Corelogic-Case-Shiller-Häuserpreisindex Ende Juli an, dass sich Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen im Vorjahresvergleich um 19,7% verteuert hatten. Die Aussagekraft des Berichts ist aber ebenso wie die des Index der Federal Housing Finance Agency (FHFA) deswegen begrenzt, weil es sich in beiden Fällen um Spätindikatoren handelt, die Zuwachsraten im Mai gemessen wurden und die Preissteigerungen sowohl im Juni als auch Juli deutlich geringer ausfallen dürften.

Eckdaten als Warnsignale

Darauf deuten jedenfalls andere Werte hin, etwa die Verkaufszahlen für neue Eigenheime, die gegenüber Juni um 6,3% und gegenüber dem Vorjahr sogar um 17,4% einbrachen. Zudem schrumpften auch die Ausgaben für den Bau von Eigenheimen um 1,6%, und im Juli gaben die Baubeginne um 9,6% und die Baugenehmigungen um 1,3% nach. Dazu gesellt sich der jüngste Bericht der NAHB, in dem sämtliche Unterindikatoren sanken: Verkaufsumfeld, Verkaufserwartungen und Käuferinteresse gaben allesamt nach.

Ungeachtet der Warnungen vor einer Preisblase, die angesichts jährlicher Zuwächse von fast 20% von einigen ausgesprochen wurden, rechnen Ökonomen mit keiner Neuauflage der Krise von vor 15 Jahren. Damit dürften die Experten richtig liegen. Zwischenzeitlich sind nämlich zahlreiche Sicherungsmechanismen in den Markt eingebaut worden, etwa die höheren Eigenkapitalanforderungen an Banken und die Abschaffung sogenannter „No Doc“- oder „Low Doc“-Kredite, bei denen das Einkommen und die Vermögensverhältnisse der Darlehensnehmer kaum oder gar nicht verifiziert wurden.

Dennoch lauern Gefahren. Immerhin galten die außerordentlich niedrigen Zinsen während der letzten Jahre als wichtigster Katalysator des US-Häusermarkts. Nun aber könnte die Verschärfung der Geldpolitik den Aufschwung abwürgen. „Die von der Fed beschlossenen Zinserhöhungen und klare Signale dafür, dass weitere bevorstehen, bedeuten, dass im weiteren Jahresverlauf die Hypothekenzinsen weiter anziehen werden“, schätzt etwa Sam Khater, Chefvolkswirt beim staatlichen Baufinanzierer Freddie Mac, die Lage ein. Dabei sind Eigenheime schon heute, gerade für Erstkäufer, unerschwinglich geworden.

Wie die Mortgage Bankers Association (MBA) vorrechnete, war Anfang des Jahres die durchschnittliche Kreditsumme beim Hauskauf auf den Rekordstand von 453000 Dollar gestiegen. Damals lag der Marktzins bei 4%, kletterte aber vergangene Woche sogar kurz auf 6%. Für Darlehensnehmer bedeuten die zwei Prozentpunkte im Schnitt einen Anstieg der Monatsrate um 600 Dollar – eine Differenz, die noch deutlich größer werden dürfte und viele Käufer abschreckt. Gleichwohl bleibt Lawrence Yun, Chefökonom beim Maklerverband National Association of Realtors (NAR), optimistisch und erwartet eine weiche Landung. Zwar rechnet er damit, dass „sich der Markt deswegen weiter abkühlen wird, weil die hohe Inflation und steigende Kreditzinsen die Kaufkraft der Haushalte verringert haben“, so Yun. „Der Preisauftrieb wird wegen der gedämpften Nachfrage nachlassen, auch ist zu erwarten, dass Bauunternehmen demnächst wieder mehr investieren und somit das Angebot erhöhen.“

Für einen milden Abschwung spricht auch die Tatsache, dass die Attraktivität des Eigenheimkaufs, seit jeher ein fester Bestandteil des „American Dream“, nie nachlassen wird. Selbst in den achtziger Jahren, als die Hypothekenzinsen zweistellige Raten erreichten, hatten Eigenheime noch Abnehmer gefunden. Gegen die Straffungen, die damals unter Notenbankchef Paul Volcker be­schlossen wurden, nehmen sich die von dem Fed-Vorsitzenden Jerome Powell in Aussicht gestellten Zinserhöhungen bescheiden aus.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.