IWF-Länderbericht

Berlin soll Wirtschaft belastbarer machen

Anders als sonst unterstützt der IWF eine deutsche Fiskalpolitik, die weder expansiv noch kontraktiv wird. Fiskalischer Spielraum sollte zur Stärkung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen genutzt werden.

Berlin soll Wirtschaft belastbarer machen

wf Berlin

Der Internationale Währungsfonds (IWF) rät Deutschland dazu, seine Wirtschaft widerstandsfähiger zu machen. Dazu gehöre es, die Gasversorgung sicherzustellen und die Auswirkungen des Ukraine-Krieges abzufedern. Die weitere wirtschaftliche Entwicklung sei wegen der gestiegenen Energiepreise und der Folgen des Krieges in der Ukraine äußerst unsicher, machte die Leiterin der IWF-Deutschland-Mission, Oya Celasun, vor der Presse in Berlin deutlich. Wegen des unsicheren Ausblicks auf die Versorgung mit fossilen Energieträgern seien die Pläne der Bundesregierung einer grünen Transformation umso wichtiger.

Der IWF hat den Länderbericht für Deutschland nach Artikel IV seiner Statuten vorgelegt. Die regelmäßigen Länderberichte diagnostizieren die wirtschaftliche Entwicklung und enthalten Handlungsempfehlungen. Das fünfköpfige IWF-Team war eine Woche in Berlin, um mit Regierungsvertretern und verschiedenen Institutionen zu sprechen.

Inflation bleibt hoch

Der IWF erwartet 2022 für Deutschland eine Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2%, nachdem das BIP im Jahr zuvor um 2,9% zugelegt hatte. 2022 könnte das Wachstum mehr als 2% erreichen, wenn die hohen Energiepreise und die Engpässe bei Lieferketten wieder nachlassen, heißt es. Voraussetzung sei auch, dass die Covid-Infektionen unter Kontrolle blieben. Die Inflation bleibe bei erhöhten 6,5% in diesem Jahr, dürfte sich aber 2023 auf 3,5% ermäßigen, erwartet der IWF. Die Finanzpolitik solle angesichts dieser Unsicherheiten flexibel bleiben, rät der IWF. Unterstützt wird die Erwartung einer neutralen Finanzpolitik in diesem Jahr vom IWF, nachdem der Fonds jahrelang Deutschland zu expansiverer Fiskalpolitik gedrängt hatte.

Flexible Schuldenbremse

Die Rückkehr zur Einhaltung der Schuldenbremse 2023 hält der IWF für erreichbar. Sollten die konjunkturellen Abwärtsrisiken indessen durchschlagen, solle die Bundesregierung die automatischen Stabilisatoren im Steuersystem wirken lassen und weiterhin gezielt bestimmte Gruppen unterstützen. Die Regierung solle in einem solchen Fall erwägen, die Schuldenbremse ein weiteres Jahr auszusetzen. Zugleich rät der IWF dazu, die Sondervermögen des Bundeshaushalts wieder in den Kernhaushalt zu integrieren. So sehr der IWF die erhöhten Ausgaben für strategische Prioritäten wie die Energiesicherheit unterstützt, so sehr warnt er davor, dass Deutschland durch die Nebenhaushalte seine finanzpolitische Glaubwürdigkeit verspielen könnte.

Öffentliche und private Investitionen müssten dem Bericht zufolge beschleunigt werden, um die Transformation reibungslos und kosteneffizient zu gestalten, konstatiert das IWF-Team. Perspektivisch erfordere die alternde Bevölkerung Deutschlands und die strukturelle Transformation ein höheres Arbeitskräfte-Angebot und höhere Qualifikation. Fiskalischer Spielraum solle dafür genutzt werden, lebenslanges Lernen, die Digitalisierung, Innovationen, das Angebot an Arbeitskräften und die soziale Sicherung zu verbessern. Optimistisch zeigt sich der IWF zum deutschen Bankensystem: Es sei stabil genug, um auch Liquiditätsschocks zu überwinden.