Rechtsstaatsprobleme

Brüssel will Ungarn noch weitere Mittel sperren

Ungarn droht das Einfrieren von Geldern aus dem EU-Haushalt in einem weitaus größeren Ausmaß als bisher bekannt. Die EU-Kommission spricht mittlerweile von 22 Mrd. Euro, die nicht ausgezahlt werden könnten.

Brüssel will Ungarn noch weitere Mittel sperren

ahe Brüssel

Ungarn droht das Einfrieren von Geldern aus dem EU-Haushalt in einem weitaus größeren Ausmaß als bisher bekannt. Obwohl die EU-Mitgliedstaaten in der vergangenen Woche bereits einen um­fassenden Deal mit Ministerpräsident Viktor Orbán geschlossen hatten, der sowohl Gelder aus dem Corona-Wiederaufbaufonds über 5,8 Mrd. Euro vorerst noch blockiert als auch 6,3 Mrd. Euro an Kohäsionsfondsmitteln, spricht die EU-Kommission mittlerweile sogar von bis zu 22 Mrd. Euro an Strukturfördermitteln, die vorerst nicht ausgezahlt werden können. Dies sind den Angaben zufolge die kompletten Kohäsionsfördermittel, die eigentlich in der Haushaltsperiode 2021 bis 2027 für Ungarn im EU-Budget­ reserviert waren.

Die EU-Kommission hatte am Donnerstag eine sogenannte Partnerschaftsvereinbarung mit Ungarn angenommen, die einen detaillierten Fahrplan für Reformen vorsieht, die als Grundlage für die schrittweise Auszahlung der Haushaltsmittel gelten. „Solange die Ermächtigungsbedingungen nicht erfüllt sind, kann die Kommission die damit zusammenhängenden Ausgaben, die in den von Ungarn eingereichten Zahlungsanträgen enthalten sind, nicht erstatten“, stellte am Freitag nun ein EU-Kommissionssprecher­ klar.

Die für die Strukturfonds zuständige EU-Kommissarin Elisa Ferreira hatte zuvor schon darauf hingewiesen, dass die kohäsionspolitischen Investitionen aus dem EU-Budget zwar zum Wandel Ungarns „hin zu einer gerechteren, grüneren, intelligenteren und territorial ausgewogeneren Wirtschaft und Gesellschaft“ beitrügen. „Diese Investitionen können aber nur dann Wirkung zeigen, wenn der institutionelle und rechtliche Rahmen stimmt und sie im Einklang mit den Regeln und Werten der EU durchgeführt werden“, betonte die Portugiesin.

EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit sagt laut einer Presseerklärung: „Wir werden eng mit dem Land zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Menschen in Ungarn in den Genuss dieser wichtigen Hilfe durch die EU kommen, bei gleichzeitiger umfassender Achtung der EU-Grundrechtecharta­.“

Wie es nun genau weitergeht, blieb am Freitag zunächst unklar. Auch die Milliarden aus dem Wiederaufbaufonds werden erst ausgezahlt, wenn die Regierung unter Orbán zahlreiche Voraussetzungen erfüllt hat, unter anderem Reformen im Justizbereich. Die eingefrorenen Budgetmittel können ebenfalls wieder freigegeben werden, wenn die beanstandeten Probleme innerhalb von zwei Jahren behoben sind.

Orbáns Deal mit den anderen EU-Ländern sah vor, dass er seine Vetos gegen die Umsetzung der Mindestbesteuerung sowie gegen die Budgethilfe für die Ukraine im kommenden Jahr aufgibt. Diese beiden Punkte sind auch schon fest beschlossen.