Konjunktur

China-Daten fallen an den Märkten durch

Chinesische Wirtschaftsdaten schüren neue Sorgen bei Investoren. Mit 5,2% Wachstum wird 2023 zwar das Regierungsziel erreicht, doch geben die Entwicklungen beim Konsum und am Immobilienmarkt wenig Anlass für Optimismus.

China-Daten fallen an den Märkten durch

China-Daten fallen an den Märkten durch

BIP-Wachstum mit 5,2 Prozent nur auf den ersten Blick solide – Konsum läuft untertourig – Immobilienmarkflaute verschreckt

Chinas jüngste Wirtschaftsdaten schüren neue Sorgen bei den Investoren. Mit 5,2% Wachstum im Jahr 2023 wid zwar das offizielle Regierungsziel eingehalten, doch geben die Entwicklungen an der Konsumfront und im Immobilienmarkt wenig Anlass für Optimismus.

nh Schanghai
Kommentar Seite 2

Chinas Wirtschaft ist im Schlussquartal 2023 um 5,2% gegenüber Vorjahr gewachsen und schneidet damit leicht unterhalb der Konsensschätzung ab. Für das Gesamtjahr 2023 stellt sich die Wachstumsrate der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft nun ebenfalls auf 5,2%. Zwar wurde das offizielle Wachstumsziel der Regierung bei „etwa 5%“ eingehalten, allerdings hatte Chinas Ausstieg aus Covid-Restriktionen zu Beginn letzten Jahres Erwartungen für einen wesentlich kräftigeren Aufschwung geweckt.

Dynamikverlust

Auf den ersten Blick hat die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft in den vergangenen drei Monaten etwas an Tempo zugelegt, nachdem zuvor im Septemberquartal ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 4,9% verzeichnet worden war. Die Entwicklung des sequenziellen Wachstums mit dem Vergleich zum jeweiligen Vorquartal deutet jedoch eher einen Dynamikverlust an. Hier landet man für das Dezemberquartal bei einem Plus von 1%, während man in der Vorperiode noch bei 1,5% lag.

Auch eine Reihe weiterer Daten, die das Pekinger Statistikbüro am Mittwoch vom Stapel ließ, wecken Befürchtungen, dass sich die Wirtschaft auf eher wackligem Kurs befindet. Zum einen, weil Wachstumstreiber auf Ebene des Konsums und der privaten Investitionen nicht auf gewohnten Touren laufen; zum anderen ist der von einer Verschuldungskrise chinesischer Bauträger kompromittierte Wohnimmobilienmarkt noch weit davon entfernt, wieder Fahrt aufzunehmen.

Bevölkerung schrumpft

Abgesehen davon offenbart Chinas jüngste Bevölkerungsstatistik, dass sich ein unheilvoller demografischer Trend breitmacht. 2023 ist die Bevölkerung das zweite Jahr in Folge geschrumpft, diesmal etwas stärker um 2,1 Millionen auf 1,41 Milliarden Einwohner. Als alarmierend gilt ein weiterer Rückgang der Geburten um 5,6% auf einen neuen Tiefststand bei gut 9 Millionen. Die Geburtenrate fiel nochmals kräftiger als erwartet von 6,77 auf 6,39 (Geburten pro 1.000 Einwohner) zurück und erreicht damit ebenfalls den niedrigsten seit Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 verzeichneten Wert.

Aktienmisere verschärft sich

Bei den Investoren schürt der neue Datenkranz weitere Verunsicherung. An den bereits in einer zähen Baisse steckenden Aktienmärkten auf dem Festland und in Hongkong wurden insbesondere schwache Immobilienmarktzahlen zum Anlass für eine neue Verkaufswelle genommen. Besonders heftig fielen die Reaktionen an der Hongkonger Börse aus, wo der Leitindex Hang Seng um 3,7% abrutschte und seit Jahresbeginn nun bereits 9% eingebüßt hat. Der Blue-Chip-Index CSI 300 für die Börsen in Schanghai und Shenzhen fiel um 2,2% zurück und rückt damit nahe an ein Fünfjahrestief heran.

Produktion legt zu

Bei den neuen Wirtschaftsleistungsdaten für Dezember sieht man solide Zuwächse der Industrieproduktion und der Einzelhandelsumsätze, die um 6,8 beziehungsweise 7,4% gegenüber Vorjahresmonat kletterten. Allerdings relativiert eine schwache Vergleichsbasis im Vorjahr die augenscheinliche Dynamik. Dies gilt insbesondere für den Konsum, den man ursprünglich als wichtigste Triebfeder für ein kräftiges Aufbäumen der Wirtschaft nach dem Ausstieg aus der Null-Covid-Politik verortet hatte. Mäßig ist auch die Entwicklung der Anlageinvestitionen als bewährter Wachstumstreiber. Sie sind trotz kräftigen Anschubs seitens der öffentlichen Hand mit letztlich 3% Zuwachs im vergangenen Jahr nach zuvor 5,1% im Jahr 2022 nicht richtig vom Fleck gekommen. Dies vor allem, weil sich die rückläufigen privaten Investitionen im Immobiliensektor als Bremsklotz erweisen. Zuletzt im Dezember rutschten sie um mehr als 12% gegenüber Vorjahr ab, für das Gesamtjahr liegt man bei einem Minus von knapp 10%.  

Immobilienkummer

Im Immobilienmarkt sind keinerlei Fortschritte erkennbar, an die sich Konjunkturoptimismus knüpfen lässt. Bei den Neuwohnungsverkäufen sah man im Dezember einen Rückgang um 20% gegenüber Vorjahr. Auch die Baubeginne für Wohnungsanlagen verzeichnen einen erneuten Knick. Für besondere Unruhe sorgt, dass sich die Wohnungspreise in mittlerweile fast allen vom Statistikbüro regelmäßig erfassten Ballungsgebieten rückläufig entwickeln.

Druck auf Wohnungspreise

Im Durchschnitt sah man für 2023 einen Rückgang der Neuwohnungspreise gegenüber Vorjahr von 6% mit wenig Aussicht auf Besserung. Dies verschlechtert die Chancen für die Sanierung der Immobilienentwickler. Neuen Prognose zufolge wird Chinas Immobiliensektor binnen zwei Jahren um weitere 10% schrumpfen und entsprechend negativen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum haben.

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