EZB-Zinskompass

Deka erwartet kontroverse Zins-Diskussion

Vor der EZB-Sitzung haben sich einige Ratsmitglieder für eine Leitzinserhöhung um 75 Basispunkte ausgesprochen. Der EZB-Zinskompass von Börsen-Zeitung und DekaBank spricht allerdings für nicht ganz so große Schritte.

Deka erwartet kontroverse Zins-Diskussion

ba Frankfurt

Die DekaBank sieht gute Argumente für die Europäische Zentralbank (EZB), die Geldpolitik zwar weiter zu straffen, aber nicht mehr unbedingt mit außergewöhnlich großen Schritten. Das geht aus dem Kommentar zum neuen Deka-Zinskompass hervor, der jeweils vor einer geldpolitischen Sitzung in der Börsen-Zeitung veröffentlicht wird.

Vor der EZB-Ratssitzung an diesem Donnerstag haben sich einige Ratsmitglieder für eine Leitzinserhöhung um gleich 75 Basispunkte ausgesprochen, wie es die US-Notenbank Fed nun bereits zweimal vorgemacht hat. Sie stützen sich dabei nicht allein auf den makroökonomischen Datenkranz, der durch den EZB-Kompass zusammengefasst wird, wie Deka-Volkswirt Kristian Tödtmann schreibt, sondern verweisen zudem auf zwei miteinander verflochtene Risiken: So könnte erstens der Preisauftrieb derzeit eine höhere Persistenz aufweisen als üblich. Und zweitens könnte in einer noch längeren Phase stark erhöhter Inflationsraten das öffentliche Vertrauen in das Inflationsziel verloren gehen. „Beide Argumente sind im EZB-Rat durchaus umstritten, so dass eine kontroverse Diskussion bevorsteht“, erwartet Tödtmann. Er hält wegen der geschwächten Position des Taubenlagers – das zur Vorsicht mahnt – die Wahrscheinlichkeit für groß, dass die EZB das Normalisierungstempo „nochmals forciert und die Leitzinsen tatsächlich um 75 Basispunkte anhebt, um angesichts der rasant steigenden Inflation nicht untätig zu erscheinen“.

Frage der Persistenz

Die Persistenz der Inflation, also ihre Eigenschaft, für längere Zeit auf einem erhöhten Niveau zu verharren, ist zuletzt zum zentralen Thema der geldpolitischen Diskussion geworden. Bei einem hohen Maß an Persistenz bedeutet ein Anstieg der aktuellen Inflation, dass noch für einige Zeit mit erhöhten Raten gerechnet werden muss. Es macht dann weniger Sinn, ein temporäres Überschreiten des Inflationsziels zu tolerieren. Da sich in einem solchen Umfeld die Unternehmen weniger an der aktuellen Nachfrage und mehr an ihren Inflationserwartungen orientierten, müsste die Zentralbank dann die Nachfrage umso stärker bremsen, um den gleichen Effekt auf die Inflation hervorzurufen. Die Marktteilnehmer und privaten Haushalte haben nach Dafürhalten von EZB-Chefvolkswirt Philip Lane die Auswirkungen eines Angebotsschocks relativ gut verstanden, indem sie ihre Inflationserwartungen vor allem für die nähere Zukunft angehoben haben und zugleich von einem nachlassenden Wirtschaftswachstum sowie einer Straffung der Geldpolitik ausgehen. Eine solche Erwartungshaltung würde die Persistenz der Inflation begrenzen. Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel und Bundesbankpräsident Joachim Nagel wiederum sehen erste Anzeichen dafür, dass sich die langfristigen Inflationserwartungen nach oben verschieben. Dies würde den Preisauftrieb zusätzlich befeuern. Der Rat ist sich uneins, wie viel Eigendynamik die hohe Inflation besitzt. Entsprechend unterschiedlich die Schlussfolgerungen, wie viel geldpolitische Straffung notwendig ist, um die Inflation in angemessener Zeit auf das EZB-Preisziel von 2,0% zu begrenzen.

Der Kompasswert setzte im August seine Abwärtsbewegung fort und fiel auf 33,4 Punkte (siehe Grafik). Während die Inflationssäule an ihrer technischen Obergrenze von 100 Punkten verharrt, ist nach der Finanzierungssäule auch die Konjunktursäule in den negativen Bereich gefallen. Einem außergewöhnlich starken Inflationsdruck stehen somit eher restriktive Finanzierungsbedingungen und ein unterdurchschnittliches Wachstum gegenüber. „Dies unterstreicht, dass der EZB-Rat mit einer komplexen Ausgangssituation konfrontiert ist“, kommentiert Tödtmann.

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