Geldpolitik

Deka unterstützt kleine EZB-Schritte

Die Euro-Hüter stehen vor einer der wichtigsten Sitzungen der vergangenen Jahre. Sie dürften nun die Zinswende für Juli avisieren. Tempo und Ausmaß der Normalisierung sind aber heftig umstritten. Die DekaBank plädiert eher für Vorsicht.

Deka unterstützt kleine EZB-Schritte

Von Mark Schrörs, Frankfurt

Die DekaBank sieht gute Argumente für die Europäische Zentralbank (EZB), die avisierte Zinswende in kleinen Schritten mit Erhöhungen um 25 statt 50 Basispunkten zu vollziehen. Im Kommentar zum neuen Deka-Zinskompass, der jeweils vor einer geldpolitischen Sitzung in der Börsen-Zeitung veröffentlicht wird, weist Volkswirt Kristian Tödtmann zum einen darauf hin, dass die Finanzierungsbedingungen im Euroraum nun schon eher restriktiv seien. Zum anderen verfüge die EZB mit einer Se­rie kleinerer Zinserhöhungen über mehr Flexibilität. Der EZB-Rat tagt am Donnerstag in Amsterdam.

Die Frage, ob die EZB bei der für die Sitzung im Juli in Aussicht gestellten ersten Zinserhöhung seit Mitte 2011 bei den in der Vergangenheit üblichen 25 Basispunkten bleibt oder eine kräftigere Anhebung um 50 Basispunkte vollzieht, spaltet derzeit den EZB-Rat – wobei es indirekt auch um die Frage geht, wie entschlossen die EZB gegen die Rekordinflation im Euroraum vorgehen muss. Allen voran EZB-Präsidentin Christine Lagarde und EZB-Chefvolkswirt Philip Lane reden eher kleinen Zinsschritten das Wort. Andere, vor allem Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann, liebäugeln mit 50 Punkten (siehe auch Text auf dieser Seite). Dieser Ausblick dürfte am Donnerstag ganz zentral sein.

Die Finanzierungssäule des EZB-Kompasses, der die für die EZB maßgeblichen Indikatoren zusammenfasst, ist nun in den vergangenen Monaten sukzessive unter die Nulllinie abgerutscht und spiegelt damit laut Tödtmann „schon jetzt Bedingungen wider, die im historischen Vergleich eher restriktiv sind“. Dafür gebe es vor allem zwei Gründe: Zum einen gingen der Krieg in der Ukraine und andere überwiegend globale Entwicklungen mit einer erhöhten Unsicherheit einher. Zum anderen hätten die von den Finanzmärkten antizipierten Leitzinserhöhungen bereits zu einem signifikanten Anstieg der längerfristigen Zinsniveaus geführt. Ein gewisses Gegengewicht bilde zwar das starke Wachstum des ausstehenden Kreditvolumens, so Tödtmann. Das gelte es aber zu relativieren.

Tödtmann erinnert daran, dass EZB-Chefvolkswirt Lane kürzlich hervorgehoben habe, dass die EZB mit der Normalisierung ihrer Geldpolitik eine Rückführung des Stimulus, aber keine echte Straffung beabsichtige. „Insofern wäre eine weiter rückläufige Finanzierungssäule als Warnzeichen an die EZB zu verstehen, die Anpassung ihres Kurses in eher kleinen Schritten vorzunehmen“, so Tödtmann.

Unerwünschte Marktreaktion

Tödtmann hält zudem eher wenig von der Argumentation, dass die EZB jetzt möglichst schnell zu einer neutralen Ausrichtung übergehen sollte, weil sie in der Vergangenheit die Stärke des Inflationsanstiegs unterschätzt habe. „Diese Argumentation lässt sich ein wenig dadurch relativieren, dass nicht nur das aktuelle Leitzinsniveau auf die Finanzmärkte einwirkt, sondern der gesamte erwartete Pfad der Leitzinsen“, so Tödtmann. „Gehen die Marktteilnehmer für die absehbare Zukunft von ausreichend hohen Leitzinsniveaus aus, ist daher nicht zwingend erforderlich, in der Vergangenheit möglicherweise versäumte Erhöhungen nachzuholen.“ Ein Zinsschritt um 50 Basispunkte könnte demnach sogar zur Folge haben, dass die Marktteilnehmer ihre längerfristigen Erwartungen in unerwünscht starker Weise nach oben korrigieren.

Hinzu komme, „dass die EZB mit einer Serie kleinerer Zinserhöhungen über mehr Flexibilität verfügt“, so Tödtmann. „Bei zunehmenden wirtschaftlichen Abwärtsrisiken würde es der EZB vermutlich leichter fallen, die Leitzinsen bei einer oder mehreren Ratssitzungen unverändert zu lassen, statt einen zuvor beschlossenen Zinsschritt wieder rückgängig zu machen.“ Große Zinsschritte seien „eher eine Politik­option für den Fall, dass die Risiken einer dauerhaft erhöhten Inflation weiter zunehmen“.

Der Kompasswert selbst fiel im Mai auf 49,8 Punkte (siehe Grafik). Während die Konjunktursäule weiter nachgab und die Finanzierungssäule knapp in den negativen Bereich ab­sackte, verharrte die Inflationssäule den vierten Monat in Folge an ihrer technischen Obergrenze von 100 Punkten. „Das Gesamtbild wird dadurch heterogener, spricht aber weiterhin für eine Reduktion des monetären Stimulus“, so Tödtmann.

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