Deutschland

Deutsche Importpreise nähren Inflationssorgen

Im September hat die Inflation in Deutschland überraschend erstmals seit 70 Jahren die 10-Prozent-Marke geknackt. Und es könnte noch schlimmer kommen. Das zeigt der Preisdruck auf den vorgelagerten Preisstufen.

Deutsche Importpreise nähren Inflationssorgen

ms Frankfurt

Angetrieben vor allem von der Preisexplosion bei Gas haben sich die deutschen Importe im Au­gust so stark verteuert wie seit fast 50 Jahren nicht. Das Plus von 32,7% im Vorjahresvergleich, der stärkste Anstieg seit 1974, übertraf zu­dem erneut alle Erwartungen. Damit verstärkt sich die Sorge, dass die ohnehin viel zu hohe Inflation in Deutschland weiter anzieht und sich noch länger hält als ohnehin befürchtet. Weil zugleich die deutsche Wirtschaft in eine Rezession abzugleiten droht (siehe Text auf dieser Seite), wird die Lage in Deutschland zusehends ungemütlicher.

Preisdruck in der Pipeline

Im September hat die Inflation in Deutschland überraschend erstmals seit 70 Jahren die 10-Prozent-Marke geknackt. In nationaler Rechnung lag sie bei 10%, in EU-harmonisierter Rechnung sogar bei 10,9%. Die Teuerung hatte sich schon 2021 unerwartet stark beschleunigt und wird nun vor allem vom Ukraine-Krieg befeuert. Das stellt immer mehr Menschen vor teils existenzielle Probleme, und auch die Wirtschaft leidet inzwischen immens vor allem unter den rasant steigenden Energiepreisen. Die Sorge vor einer Insolvenzwelle oder gar einer Deindus­trialisierung Deutschlands nimmt zu.

Die rasante Verteuerung der Importe belegt nun, dass der Preisdruck auf den den Verbraucherpreisen vorgelagerten Stufen weiter immens hoch ist. Beobachter hatten statt der jetzt gemeldeten 32,7% einen Anstieg um 29,9% erwartet – nach 28,9% im Juli. Die Erzeugerpreise in Deutschland hatten im August sogar einen Rekordanstieg von 45,8% verzeichnet. Vor wenigen Tagen hatte dann das Ifo-Institut gemeldet, dass immer mehr Unternehmen planen, die Kosten weiterzugeben und die Preise zu erhöhen. Die Preiserwartungen für die kommenden Monate stiegen für die Gesamtwirtschaft im September auf 53,5 Punkte, nach 48,1 im August. „Die Inflationswelle dürfte daher leider noch nicht abebben“, hatte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser gesagt. „Vor allem bei Gas und Strom ist noch einiges in der Preispipeline.“

Noch mehr Inflation 2023

Die Bundesregierung sagt Medienberichten zufolge in ihrer Herbstprojektion, die sie am Mittwoch vorlegt, für 2023 8,0% Inflation voraus – noch einmal etwas mehr als die erwarteten 7,9% im laufenden Jahr. Die führenden Forschungsinstitute hatten un­längst ebenfalls für 2023 noch einmal mehr Inflation als für 2022 prognostiziert – 8,8% nach 8,4%. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt euroweit 2,0 % an.

Hintergrund ist insbesondere der Ukraine-Krieg und die dadurch ausgelöste Energiekrise. Auch bei den Importeuren war Energie im August erneut der Preistreiber Nummer eins: Deren Einfuhren verteuerten sich um 162,4%. „Der hohe Anstieg im Vorjahresvergleich ist weiterhin vor allem durch die starken Preissteigerungen bei importiertem Erdgas begründet“, erklärten die Statistiker. Diese Preise lagen viermal so hoch wie im August 2021. Allein im Vergleich zum Vormonat Juli stiegen sie um 48,2%. Elektrischer Strom kostete an den Börsen sogar 464,5% mehr als ein Jahr zuvor.

Ab 2023 könnte dann aber die von der Bundesregierung angekündigte Gas- und Strompreisbremse wirken. Die entsprechende Gaskommission könnte bereits am Montag ihre Ergebnisse vorlegen.

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