Staatsschulden

EU-Haushalts­regeln treiben Ampel um

Über eine Reform der Schuldenregeln in der EU ist eine intensive Debatte im Gange. Laut Bloomberg will die Ampel-Koalition in Berlin die Schuldenregeln aufweichen.

EU-Haushalts­regeln treiben Ampel um

BZ Frankfurt

Die Ampel-Koalition ist laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg offen für Änderungen an den Haushaltsregeln der Europäischen Union, um hoch verschuldeten EU-Staaten kurzfristig mehr Spielraum bei der Konsolidierung ihrer Haushalte zu geben. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die Schuldenregeln künftig als erfüllt gelten, wenn der „präventive Arm“ des Stabilitäts- und Wachstumspakts vollständig eingehalten wird. Das geht laut Bloomberg aus einem Positionspapier hervor.

Über eine Reform der Schuldenregeln in der EU ist eine intensive Debatte im Gange. Im Herbst will die EU-Kommission einen Reformvorschlag vorlegen. Momentan sind sie wegen der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie ausgesetzt. Nach dem Willen der EU-Kommission sollen die Schuldenregeln auch 2023 ausgesetzt bleiben. Dagegen regt sich Kritik – nicht zuletzt in Deutschland.

Derzeit müssen EU-Staaten, deren Schuldenstand 60% des Bruttoinlandsprodukts übersteigt, jährlich 5% des über dieser Grenze liegenden Teils der Schulden abbauen. In jährlichen Anpassungsprogrammen müssen Mitgliedstaaten darlegen, wie sie mittelfristig einen ausgeglichenen Haushalt erreichen wollen. Die EU-Kommission überprüft, ob die nationalen Programme umgesetzt und die Mittelfristziele erreicht werden.

Eine strikte Einhaltung der 5-%-Regel könnte für einige Mitgliedstaaten „im Einzelfall einen zu hohen Anpassungsbedarf erfordern“, heißt es laut Bloomberg in dem Positionspapier. „Ein schrittweiser und konsequenter Abbau der Defizite im präventiven Arm in Verbindung mit wachstumsorientierter Wirtschafts- und Finanzpolitik wird mittelfristig zu einem adäquaten Schuldenabbau beitragen.“ Flankierend sollen die Fiskalregeln vereinfacht werden und klare Kriterien für die künftige An­wendung der Ausweichklausel ge­schaffen werden, die Abweichungen vom Konsolidierungspfad erlaubt.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) will, dass die EU nach der gewaltigen Schuldenaufnahme in der Coronakrise zu strengen Haushaltsregeln zurückkehrt. Nötig sei ein verlässlicherer und ambitionierterer Pfad zum Schuldenabbau, sagte Lindner dem „Handelsblatt“. Die Schuldenregeln samt Obergrenze für die Verschuldung von 3% der Wirtschaftsleistung sollen erhalten bleiben. Zusätzlich will Lindner Schuldenabbau vorschreiben. Die mittelfristigen Haushaltsziele sollen verbindlich werden. Auch eine schrittweise Anpassung zu einem weitgehend ausgeglichenen Haushalt würde akzeptiert, sagte Lindner.