Streit über Ungarn

EU-Parlament zerrt EU-Kommission wegen Ungarn-Hilfen vor Gericht

Die EU-Kommission hat Ungarn im Dezember milliardenschwere EU-Hilfen freigegeben. Das EU-Parlament ist darüber empört. Denn das Geld war zuvor wegen Bedenken über die Rechtsstaatlichkeit eingefroren worden.

EU-Parlament zerrt EU-Kommission wegen Ungarn-Hilfen vor Gericht

EU-Parlament zerrt
EU-Kommission vor Gericht

Abgeordnete beanstanden Freigabe von Geldern an Ungarn

fed Frankfurt

Es kommt zwar häufig vor, dass sich das EU-Parlament über die EU-Kommission beschwert. Aber dass die Abgeordneten die EU-Kommission vor Gericht zerren, das ist eher selten. Innerhalb der nächsten zwei Wochen dürfte genau das geschehen: Alles spricht dafür, dass die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, eine Klage gegen die oberste EU-Behörde einreicht. Der Rechtsausschuss hat sich jedenfalls dafür in der Nacht zum Dienstag mit überwältigender Mehrheit (16 Ja, 1 Nein) ausgesprochen – und zwar sogar mit den Stimmen der christlich-konservativen Parteienfamilie, die aktuell ja in Person von Ursula von der Leyen die Führung der EU-Kommission innehat.

Anlass des Unmuts der Parlamentarier ist der Umstand, dass die EU-Kommission Ungarn im Dezember vorigen Jahres, unmittelbar vor einer Abstimmung über Hilfen für die Ukraine, die Summe von 10 Mrd. Euro aus dem Europäischen Struktur- und Investitionsfonds freigegeben hat – also europäische Mittel, die vorher wegen erheblicher Bedenken gegenüber der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn eingefroren worden waren. Viele Abgeordnete vermuten in dieser Freigabe den Versuch, den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán milde zu stimmen, weil man gegen seine Stimme kurz darauf bei der Abstimmung über die Ukraine-Hilfen und die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Kiew vor große Probleme gestellt worden wäre. „Ursula von der Leyen war vor Orbán eingeknickt und hat die EU schwach erscheinen lassen”, poltert die Sozialdemokratin Katharina Barley. Ihr Fraktionskollege René Repasi insistiert, die Rechtsstaatlichkeit dürfe „in der EU nicht zum Verkauf stehen”. Entweder sei die richterliche Unabhängigkeit in einem Mitgliedstaat wiederhergestellt – dann dürften auch wieder EU-Gelder in das betroffene Land fließen. „Oder sie ist es nicht – und dann müssen EU-Gelder zurückgehalten werden”, unterstreicht der Sozialdemokrat.

In ein ähnliches Horn stößt der grüne Europaparlamentarier Sergey Lagodinsky. Die Freigabe der 10 Mrd. Euro Fondsmittel an Budapest „war ein Akt der Erpressung durch Orbán und keine akkurate Einschätzung der Reformen in Ungarn”, schimpft der deutsche Grünen-Politiker.

Am Donnerstag tritt die Konferenz der Präsidenten des EU-Parlaments zusammen. Es wird erwartet, dass Metsola anschließend die Klage einreicht. Sie muss sich ohnehin beeilen, denn sie hat dafür nur Zeit bis zum 25. März.

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