Währungsunion

EZB unterstützt Italien mit Milliarden-Anleihe­käufen

Die EZB hat dem in einer schweren politischen Krise steckenden Italien zuletzt mit Anleihekäufen in Milliardenhöhe unter die Arme gegriffen. Dafür sprechen neue Daten der Notenbank. Neuer Streit ist programmiert.

EZB unterstützt Italien mit Milliarden-Anleihe­käufen

ms Frankfurt

Die Europäische Zen­tralbank (EZB) hat dem in einer schweren politischen Krise steckenden Italien zuletzt mit Anleihekäufen in Milliardenhöhe unter die Arme gegriffen. Dafür sprechen neue Daten zum Anleihebestand des Eurosystems, die die Notenbank am Dienstag veröffentlichte. Das Eurosystem be­steht aus der EZB und den 19 nationalen Zentralbanken. Die neuen Daten dürften den Streit über das Engagement der EZB zugunsten vor allem Italiens und über eine verbotene Staatsfinanzierung seitens der Euro-Hüter anheizen.

„Erste Verteidigungslinie“

Im Juni hatte der EZB-Rat nach einem zwischenzeitlich starken An­stieg insbesondere der italienischen Staatsanleihen bei einer kurzfristig anberaumten Krisensitzung zweifache Hilfe für hoch verschuldete Länder wie Italien versprochen: Einerseits kündigte sie an, bei den Reinvestitionen im Zuge des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP volle Flexibilität walten zu lassen. Konkret heißt das beispielsweise, dass bei einer auslaufenden Bundesanleihe das Geld in eine italienische Anleihe investiert wird. Andererseits stellte sie ein neues Instrument in Aussicht, um zu große Renditeunterschiede zu verhindern. Im Juli beschloss sie dann das Transmission Protection Instrument (TPI).

Die am Dienstag veröffentlichten Daten sind nun der erste Beleg dafür, inwieweit die EZB die Flexibilität bei den PEPP-Reinvestitionen als „erste Verteidigungslinie“ (EZB-Präsidentin Christine Lagarde) genutzt hat. Die Statistiken, die nur auf Zweimonatsbasis verfügbar sind, zeigen, dass die Nettobestände an deutschen, französischen und niederländischen Anleihen bis Juli um 18,9 Mrd. Euro gesunken sind. Die Nettoankäufe von Anleihen aus Italien, Spanien, Portugal und Griechenland beliefen sich auf insgesamt 17,3 Mrd. Euro. Italien gilt als besonders gefährdet bei der eingeleiteten EZB-Zinswende. Zudem steckt das Land nach dem Ende der Regierung Draghi in der Krise und steht vor Neuwahlen.

„Dies ist bei weitem die größte Reduzierung der deutschen Bestände seit Beginn der quantitativen Lockerung durch die EZB und mehr, als wir erwartet haben“, zitierte die Nachrichtenagentur Bloomberg Christoph Rieger, Head of Rates bei der Commerzbank. Beim geldpolitischen Forum Ende Juni in Sintra hatte Lagarde die Aktivierung dieser ersten Verteidigungslinie avisiert.

Dass die EZB gezielt einzelne Euro-Länder unterstützt, begründet sie mit der Notwendigkeit, die einheitliche Transmission der Geldpolitik in allen Euro-Ländern sichern zu müssen. Vor allem in Deutschland ist das aber heftig umstritten. Viele Kritiker werfen der EZB vor, Staatsfinanzierung zu betreiben, die laut EU-Vertrag verboten ist.

Klagen gegen TPI absehbar

Noch umstrittener als der Einsatz der PEPP-Flexibilität ist das neue TPI. Das Instrument steht im Hintergrund zum Ankauf von Schuldtiteln bereit, falls stärkere Interventionen notwendig werden sollten. Auch dabei steht insbesondere Italien im Fokus. In Deutschland sind Klagen gegen TPI absehbar. Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat das neue Instrument indes verteidigt und als rechtssicher bezeichnet.