Euro-Zone

EZB will sich mehr Zeit lassen

Erst Anfang Februar hatte die EZB einen besorgteren Ton zur Inflation angeschlagen und eine raschere Zinswende avisiert. Jetzt aber herrscht Krieg in Europa – und die EZB sucht nach der richtigen Reaktion.

EZB will sich mehr Zeit lassen

ms Frankfurt

„Die EZB ist bereit, alle notwendigen Maßnahmen zu er­greifen, um ihrer Verpflichtung nachzukommen, Preis- und Finanzstabilität im Euroraum zu ge­währleisten.“ Das war die Botschaft von EZB-Präsidentin Christine La­garde unmittelbar nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Die Wortwahl erinnert an jene von Lagarde bei Auflage des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP im März 2020 und an das berühmte „Whatever it takes“-Versprechen von Ex-EZB-Präsident Mario Draghi auf dem Höhepunkt der Euro-Schuldenkrise im Sommer 2012.

Was das konkret bedeutet, ließ Lagarde aber offen. Etwas deutlicher wurde EZB-Chefvolkswirt Philip Lane: Die EZB werde alles tun, um die Euro-Wirtschaft in der Zeit des Krieges zu unterstützen, sagte La­gardes geldpolitischer Vordenker vergangene Woche. Zudem betonte er, die EZB solle nicht überhastet auf die hohe Inflation reagieren.

Tatsächlich scheint sich vor Donnerstag abzuzeichnen, dass sich die EZB-Granden trotz der neuerlichen negativen Inflationsüberraschung samt Rekordteuerung von 5,8% im Februar nun doch mehr Zeit lassen könnten mit der Normalisierung ihrer Geldpolitik. Erst Anfang Februar hatten sie einen besorgteren Ton zur Inflation angeschlagen und eine raschere Zinswende avisiert. Demnach schien ein Auslaufen aller Anleihekäufe im Herbst wahrscheinlich – was die Tür für eine Zinserhöhung noch 2022 geöffnet hätte. Jetzt sorgen sie sich wegen des Kriegs.

EZB-Ratsmitglied Olli Rehn sagte vergangene Woche, dass sich die EZB Zeit nehmen solle, um die Auswirkungen des Kriegs richtig einzuschätzen, bevor sie ihre Unterstützung für die Wirtschaft der Eurozone aus der Pandemie-Ära beende. Auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel sieht große Unsicherheit. Zugleich mahnte er aber, die Normalisierung nicht aus dem Blick zu verlieren.

Wie groß die Unsicherheit ist, zeigt sich auch in den Erwartungen der Beobachter: Einige sagen weiter ein Ende der Käufe im Herbst und einen ersten Zinsschritt noch 2022 voraus. Andere spekulieren dagegen schon auf ein neues Kaufprogramm – auf etwas wie ein „Kriegs-PEPP“.

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