Großbritannien

Gewerkschaften legen London lahm

Schatzkanzler Jeremy Hunt bläst an dem Tag, an dem er seinen Haushaltsentwurf vorlegt, der Wind ins Gesicht. Die Gewerkschaften haben zu einem landesweiten Aktionstag gegen das neue Streikrecht aufgerufen.

Gewerkschaften legen London lahm

hip London

Wenn der britische Schatzkanzler Jeremy Hunt am Mittwoch seinen Haushaltsentwurf dem Unterhaus vorstellt, wird das Land von Streiks im öffentlichen Dienst lahmgelegt sein. Neben mehr als 100000 Mitgliedern der Public & Commercial Services Union (PCS) werden Krankenhausärzte des öffentlichen Gesundheitswesens NHS, Lehrer öffentlicher Schulen und Mitarbeiter der Londoner U-Bahn die Arbeit niederlegen. Der Gewerkschaftsdachverband TUC rief zu einem landesweiten Aktionstag gegen die geplante Verschärfung des Streikrechts vor, die im Falle eines Arbeitskampfs in kritischen Sektoren wie dem Gesundheitswesen die Aufrechterhaltung einer Mindestversorgung der Öffentlichkeit gewährleisten soll.

Hunt wird sich mit Blick auf die angespannte Lage der öffentlichen Kassen ohnehin schwer tun, das von jedem Schatzkanzler an diesem Tag erwartete Kaninchen aus dem Hunt zu zaubern – ein kleines Zugeständnis also, auf das die Steuerzahler allen Sparzwängen zum Trotz hoffen. Doch ein bisschen Spielraum hat er schon. Die Neuverschuldung fiel im laufenden Fiskaljahr bislang niedriger aus als von den unabhängigen Haushaltshütern des Office for Budget Responsibility (OBR) erwartet. Auch das Institute for Fiscal Studies schätzt, dass die Neuverschuldung im laufenden und kommenden Jahr um 30 Mrd. Pfund niedriger ausfallen wird. Das ist den Gewerkschaften des öffentlichen Diensts natürlich nicht entgangen. Ihnen dürfte Hunt Medienberichten zufolge auf anderem Wege entgegenkommen.

Lösung für Altersvorsorge

Angeblich dürfen künftig bis zu 1,8 Mill. Pfund steuerfrei für die Altersvorsorge zur Seite gelegt werden. Die Deckelung dieses Betrags auf 1,1 Mill. Pfund hatte viele NHS-Ärzte dazu bewegt, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Vermutlich wird Hunt die Reform als Maßnahme verkaufen, die Menschen über 50 Jahren zurück in Arbeit bringen soll. Tatsächlich kommt sie vor allem Mitarbeitern des öffentlichen Diensts zugute, die bereits über üppige Pensionsansprüche verfügen. Die Pensionen ehemaliger Staatsdiener werden im Einklang mit der Teuerungsrate des Monats September 2022 um 10,1% steigen.

Zudem könnte Hunt dafür sorgen, dass die Energierechnungen der privaten Haushalte auf dem aktuellen Niveau gedeckelt bleiben. „Es gilt so ziemlich als ausgemacht, dass die Anhebung der Preisobergrenze von 2500 auf 3000 Pfund im April auf Eis gelegt wird“, sagte Sarah Coles, Head of Personal Finance bei Hargreaves Lansdown. „Das wäre eine große Erleichterung für die 48% der Bevölkerung, denen es ohnehin schwerfällt, ihre Rechnungen zu bezahlen, und die 6%, die mit den Zahlungen im Verzug sind.“

Der Unternehmensverband CBI warnte Hunt vor der geplanten Erhöhung der Körperschaftssteuer um sechs Prozentpunkte auf 25%. Den Firmen stehe ein „Double Whammy“ ins Haus. Denn die von Rishi Sunak in seiner Zeit als Schatzkanzler eingeführte „Super-Deduction“ läuft aus. Nur noch bis Ende März können Unternehmen 130% der Anschaffungskosten bestimmter Investitionsgüter vom zu versteuernden Gewinn abziehen.