Habeck-Reise in die USA

Grüne Atlantik­brücke gesucht

Kurz vor dem EU-Sondergipfel sind die Wirtschaftsminister von Deutschland und Frankreich noch einmal in die USA gereist, um den Konflikt rund um den Inflation Reduction Act zu entschärfen. Robert Habeck zeigte sich im Vorfeld optimistisch. Die deutsche Wirtschaft warnte unterdessen vor einem Handelskonflikt.

Grüne Atlantik­brücke gesucht

ahe Berlin

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat sich zuversichtlich gezeigt, dass es der EU und den USA in den kommenden Wochen gelingt, ihren Streit um Subventionen für grüne Technologien beizulegen. Im Vorfeld eines zweitägigen Besuchs in Washington verwies der Grünen-Politiker am Montag darauf, dass beide Seiten im Zuge des Kriegs in der Ukraine noch enger zusammengerückt seien. „Diese Gemeinsamkeit ist auch ein Schlüssel im Kampf gegen die Klimakrise. Wir können eine grüne Brücke über den Atlantik schlagen und gemeinsame grüne Leitmärkte aufbauen“, betonte Habeck, der die Reise gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire angetreten hat. Geplant sind unter anderem Gespräche mit US-Finanzministerin Janet Yellen, der US-Handelsbeauftragten Katherine Tai und US-Wirtschaftsministerin Gina Raimondo.

Die Reise findet unmittelbar vor dem EU-Sondergipfel in dieser Woche in Brüssel statt, wo der in Europa umstrittene Inflation Reduction Act (IRA) der USA und eine mögliche europäische Antwort darauf ebenfalls groß auf der Agenda stehen. Habeck stellte klar, dass die EU-Kommission bei dem Thema weiterhin die Führung habe und Details zum IRA demnächst in der EU-US-Taskforce für Handelsfragen besprochen würden. Deutschland und Frankreich wollten Lösungen aber unterstützen, so der Minister. Es gehe darum, die problematischen Teile des US-Subventionspakets zu lösen, das Unternehmen bevorzugt, die in den USA produzieren.

Die USA richteten ihre Wirtschaft nun auf grüne Märkte aus und trieben die Kostensenkung bei der Entwicklung klimafreundlicher Technologien voran, so Habeck. „Das ist gut. Es ist aber wichtig, dass dies im freundschaftlichen, fairen Wettbewerb geschieht und so zu Fortschritten bei klimaneutralen Technologien führt.“

Auch Le Maire zeigte sich im Vorfeld der gemeinsamen Reise zurückhaltend. Das Wichtigste sei eine Zusammenarbeit unter den Verbündeten und Transparenz über die Höhe der Subventionen für die Wirtschaft, erklärte der Franzose, stellte auf Twitter zugleich aber auch noch einmal ganz klar: „Wir müssen klar denken. Der IRA verändert die Situation. Der IRA bietet Wettbewerbsvorteile, die in Verbindung mit den sehr niedrigen Energiepreisen in den USA ein Risiko für unsere Industrie darstellen.“

Aus Sicht der deutschen Industrie wäre es wichtig, dass die Umsetzungsrichtlinien der US-Behörden zum Inflation Reduction Act „weitestgehend“ auf Diskriminierungen verzichten, wie Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), erklärte. „Die EU und die USA sollten unbedingt sicherstellen, dass die kommenden Schritte nicht zu einem Handelskonflikt führen. Europäische Vergeltungsmaßnahmen in Form von Zöllen wären kontraproduktiv. Buy-European-Regelungen gegen die USA wären für unsere offenen­ Volkswirtschaften keine Lösung“, sagte Gönner, die die EU zu einer eher vorsichtigen Antwort auf den IRA aufrief.

Dieser Position schlossen sich weitere Verbände an. Die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter, erklärte, es sei wichtig, „jetzt die Hand auszustrecken und im gemeinsamen Schulterschluss mit den USA die Erfüllung der Klimaziele voranzutreiben“. Die EU-Antwort dürfe kein transatlantischer Handelskonflikt durch Marktabschottung sein.

Das EU-Recht bietet nach Ansicht des Juristen Andreas Fisahn von der Universität Bielefeld zwar kurzfristig genügend Spielraum für eine aktive und klimafreundliche Gestaltung der Wirtschaft in Anlehnung an den IRA. Um für den Wettbewerb mit den USA und China dauerhaft gerüstet zu sein und eine wirkungsvolle klimafreundliche europäische Industriepolitik betreiben zu können, brauche es aber eine rechtlich stabile Grundlage und Änderungen der EU-Verträge, hieß es in einem von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Gutachten.

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