Konjunktur

Industrieproduktion in der Eurozone legt überraschend zu

Die Euro-Wirtschaft scheint sich wieder gefangen zu haben. Neue Daten der Industrieproduktion signalisieren ein leichtes Wachstum – allerdings fungiert Deutschland hier als Bremsklotz.

Industrieproduktion in der Eurozone legt überraschend zu

Euro-Wirtschaft entkommt der Rezession

Industrieproduktion legt im Dezember überraschend zu – Deutschland fungiert als Bremsklotz

lz Frankfurt

Die Industrieproduktion in der Eurozone hat im Dezember überraschend einen Zahn zugelegt. Die Unternehmen stellten im Dezember 2,6% mehr her als im Monat davor (kalenderbereinigt 1,2%). Volkswirte hatten dagegen einen Rückgang um 0,2% erwartet. Im November war die Produktion um revidierte 0,4% gestiegen. Für Oktober war noch ein Rückgang um 0,3% ermittelt worden.

Im Jahresvergleich stieg die Produktion im Dezember insgesamt um 1,2% an. Hier hatten Ökonomen eigentlich einen Rückgang von 4,0% in ihren Schätzungen stehen. Es ist der erste Anstieg seit mehreren Monaten.

Versöhnlicher Jahresabschluss

Damit ergibt sich ein versöhnlicher Abschluss eines Jahres, das angesichts der flauen Weltwirtschaft von mauer Nachfrage geprägt war. Trotz des Endspurts: Gegenüber 2022 sank die Industrieproduktion im Jahresdurchschnitt 2023 um 2,4%.

Besonders erfreulich ist die Lage bei den Investitionsgütern. Denn sie sind auch der Vorläufer künftiger Nachfrage, die dann in anderen Sektoren positive Wirkungen zeigt. Die Hersteller solcher Produkte stellten 20,5% mehr her. Die Produktion von Energie-, Verbrauchs- und Gebrauchsgütern legte leicht zu, die von Vorleistungsgütern gab hingegen nach.

Besonders gut scheint es der Industrie in Irland zu gehen, wo 23,5% mehr Industriegüter produziert wurden. Besonders schwach hingegen war die Entwicklung in Deutschland. Hier sank die Produktion um 1,2% zum Vormonat. In Frankreich wächst die Industrieproduktion im Monatsvergleich um 1,1%. Spanien schrumpft um 0,4%, Italien wächst um 1,1%.

Insgesamt hat die Wirtschaft in der Eurozone vor dem Jahreswechsel eine Rezession nur knapp vermieden. Das signalisieren aktualisierte Daten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von Eurostat. Die Wirtschaftsleistung stagnierte von Oktober bis Dezember im Vergleich zum Vorquartal. Im Sommerquartal war die Wirtschaft noch geschrumpft – und zwar um 0,1%. Bei zwei Quartalen in Folge mit negativem Vorzeichen bei der BIP-Zahl wäre es zu einer sogenannten technischen Rezession gekommen.

Deutschland hinkt hinterher

Im Gesamtjahr 2023 ist die Wirtschaft der Eurozone um 0,5% gewachsen, wie Eurostat weiter mitteilte. Damit wurde eine erste Schätzung bestätigt. Für das laufende Jahr rechnet die Europäische Kommission auf Basis ihrer Jahresendprognose allenfalls mit einer minimal schnelleren Gangart. Das Wachstum wird auf 0,6% geschätzt. Im September war die Kommission noch von einem Plus von jeweils 0,8% ausgegangen.

Deutschland erwies sich dabei abermals als Bremsklotz mit Blick auf die wirtschaftliche Dynamik der Eurozone: Das BIP in der größten Volkswirtschaft des Währungsraums sank um 0,3%, während es in Frankreich stagnierte. In Italien ergab sich ein Plus von 0,2% und in Spanien sogar von 0,6%. Wachstumsspitzenreiter im Euroraum war indes Slowenien mit einem Plus von 1,1%. Zypern und Portugal schafften jeweils einen Zuwachs von 0,8%.

Spekulation über Zinstermin

Laut EZB-Direktoriumsmitglied Piero Cipollone sollte die Europäische Zentralbank die Wirtschaft im Euroraum nicht noch mehr bremsen. Denn die Nachfrage sei immer noch schwach und die Inflationserwartungen lägen in der Spur. EZB-Vize Luis de Guindos mahnt auf dem Weg zu einer Zinswende jedoch zu Geduld. Die Europäische Zentralbank brauche noch mehr Daten, um sicherzugehen, dass die Inflation nachhaltig auf den Zielwert der EZB von 2% zurückgehe.

Die EZB hat die Zinsen nach zehn Anhebungen in Serie bereits seit September 2023 unverändert gelassen. Der Einlagensatz, den Geldhäuser erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, liegt seitdem bei 4,0%. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999. Am Finanzmarkt wird inzwischen darauf spekuliert, dass die Währungshüter bereits im April oder im Juni die Schlüsselzinsen wieder senken könnten.

Erwerbstätigkeit nimmt zu

Zugelegt hat im Euroraum auch die Zahl der Erwerbstätigen, was der Konjunktur in den nächsten Monaten potenziell zugutekommt. Sie ist im vierten Quartal 2023 gegenüber dem Vorquartal um 0,3% gestiegen. Bereits im dritten Quartal 2023 nahm die Erwerbstätigkeit um 0,2% zu. Gegenüber dem entsprechenden Quartal des Vorjahres lag das Plus bei 1,3%. Nach einer ersten Schätzung für das Gesamtjahr 2023 stieg die Erwerbstätigkeit im Euroraum um 1,4%.

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