Nachtragshaushalt

Kabinett billigt Klimaschulden

Das Bundeskabinett hat sich mit einem zweiten Nachtragshaushalt für 2021 60 Mrd. Euro Kredite für ihre Energie- und Klimapolitik in den nächsten Jahren gesichert. Noch sind viele Fragen offen.

Kabinett billigt Klimaschulden

wf Berlin

„Das ist ein Signal unserer Handlungsfähigkeit, und es ist Ausdruck von Gestaltungswillen“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner vor der Presse zum Beschluss des Kabinetts, 60 Mrd. Euro Kreditermächtigungen aus den für 2021 für die Coronakrise bewilligten Mitteln in den Energie- und Klimafonds einzustellen. Lindner betonte, es würden damit keine neuen Schulden gemacht. „Wir nutzen nur bisher nicht genutzte Kreditermächtigungen, um auf die pandemiebedingte Situation in der Wirtschaft auch künftig reagieren zu können.“ Mit diesem Schritt schaffe die Regierung die finanziellen Voraussetzungen, die Auswirkungen der Coronakrise durch Investitionen in den Klimaschutz und die Transformation der Wirtschaft nachhaltig zu bewältigen.

Der Bundestag hatte für 2021 erneut die Schuldenbremse ausgesetzt und es damit der Bundesregierung ermöglicht, die zulässige Neuverschuldung zu überschreiten. Neue Kredite von bis zu 240 Mrd. Euro waren mit einem Nachtragshaushalt für das laufende Jahr bewilligt worden. Lindner versicherte, dabei werde es bleiben. „Wir sind nicht an die Grenze dessen gegangen, was möglich ist.“ Sollten sich darüber hinaus weitere Entlastungen im Haushaltsvollzug 2021 ergeben, würden diese die tatsächliche Nettokreditaufnahme entsprechend verringern, machte er deutlich. Bereits im Herbst hatte sich abgezeichnet, dass der Kreditrahmen in der Coronakrise nicht voll ausgeschöpft werden muss. Per Ende Oktober waren nur rund 140 Mrd. Euro davon in Anspruch genommen. Nachdem die Wirtschaft nach dem Lockdown wieder angesprungen war, verbesserte sich auch die Prognose der Steuereinnahmen.

„Ausschließlich investiv“

Der Energie- und Klimafonds (EKF) ist eines der für bestimmte Zwecke gebildeten Sondervermögen des Bundes. Er diente seit 2010 als zentrales Finanzierungsinstrument für die Energiewende und den Klimaschutz in Deutschland und soll nun zu einem Klima- und Transformationsfonds (KTF) weiterentwickelt werden. Mit der Einführung der Schuldenbremse war auch festgelegt worden, dass sich Sondervermögen nicht mehr selbst verschulden dürfen. Dies soll Klarheit in die Haushaltsführung des Bundes bringen und Schattenhaushalte vermeiden. Lindner unterstrich, dass die Mittel aus den Kreditermächtigungen für den EKF ausschließlich investiv verwendet werden und nicht konsumtiv. Nicht festgelegt ist indessen, wofür genau die Mittel ausgegeben werden dürfen und innerhalb welcher Frist. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte in Berlin, mit den im Nachtragshaushalt beschlossenen Mitteln starte die Regierung in die nächste Etappe auf dem Weg der Transformation der deutschen Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität. Dies sei eine der größten strukturellen Aufgaben unserer Zeit. „Wir können mit den Mitteln Investitionen hebeln, bei denen wirtschaftliche Erholung und Klimaschutz Hand in Hand gehen.“ Die dem Fonds zugewiesenen Mittel stünden damit „in den kommenden Jahren“ zur Verfügung.

Kritik von der CSU

Der Bundestag berät den Gesetzentwurf am Donnerstag in nur 40 Minuten in erster Lesung. Dann wird dieser in die Ausschüsse überwiesen, bevor er voraussichtlich bis Ende Januar in die abschließenden Lesung gehen dürfte. Der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Sebastian Brehm, warf Lindner vor, in sein neues Amt mit einer „zutiefst unseriösen“ Haushaltspolitik zu starten. CSU-Generalsekretär Markus Blume sprach von einem skandalösen und verfassungsrechtlich bedenklichen Vorgang. Offen ist bislang, ob bereits jetzt ein neuer Tilgungsplan vorgelegt wird. Die schwarz-rote Koalition hatte für die überbordenden Schulden aus 2020 und 2021 Tilgungspläne mit einer Laufzeit von 20 Jahren vorgelegt. Die Ampel aus SPD, Grünen und FDP will laut Koalitionsvertrag die Tilgungsfrist strecken und an die deutlich längere Frist des EU- Wiederaufbaufonds angleichen. Damit verschafft sie sich zusätzlichen Spielraum. Bei längerer Tilgungsdauer sinkt die jährliche Belastung. Nach den bisherigen Beschlüssen würde die Tilgung 2023 vergleichsweise milde einsetzen und erst 2026, in der nächsten Legislaturperiode, deutlich spürbar emporschnellen.

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