EU-Kommission

Konsultation zur Reform der europäischen Haushalts­regeln beginnt

Bis Jahresende läuft eine öffentliche Konsultation zur geplanten Reform der EU-Fiskalregeln. Die EU-Kommission hofft für 2022 auf einen breiten Konsens, wie die EU künftig mit der Haushalts­steuerung und der Verschuldung umgeht.

Konsultation zur Reform der europäischen Haushalts­regeln beginnt

ahe Brüssel

Die EU-Kommission hat eine öffentliche Konsultation über die künftige wirtschaftspolitische Steuerung gestartet. Dabei sollen bis Ende Dezember insbesondere die europäischen Haushalts- und Verschuldungsregeln noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden. Im ersten Quartal 2022 will die Brüsseler Behörde dann erste Leitlinien für die Haushaltspolitik des nächsten Finanzjahres ausgeben. Konkrete Vorschläge für eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts sollen dann im Laufe des Jahres folgen – rechtzeitig bevor 2023 die derzeit ausgesetzten Haushaltsregeln wieder in Kraft treten.

Die EU-Kommission verzichtete zum Auftakt der Review bewusst darauf, schon konkrete Veränderungsvorschläge vorzulegen, und verwies darauf, dass es darum gehen müsse, einen möglichst breiten Konsens unter den Mitgliedstaaten zu erreichen. Die Behörde gab lediglich einige allgemeine Einschätzungen ab, wonach eine Reduzierung der während der Pandemie deutlich angestiegenen Schuldenquoten zwar angestrebt werden müsse – allerdings auf eine intelligente, schrittweise, nachhaltige und wachstumsfreundliche Art und Weise, wie Kommissionsvize Valdis Dombrovskis am Dienstag betonte.

Die Coronakrise hat nach Einschätzung der Kommission die Bedeutung einer koordinierten Fiskalpolitik ebenso deutlich gemacht wie die eines fiskalischen Puffers, der in guten Zeiten geschaffen werden müsse. „Vereinfachung, stärkere nationale Eigenverantwortung und bessere Durchsetzung“ der Regeln zählt die Kommission allgemein zu den Zielen. Starke nationale Finanzrahmen und unabhängige Finanzinstitute könnten zu einem wirksamen Rahmen beitragen, hieß es.

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni verwies darauf, dass es auch darum gehen müsse, mit den geänderten Haushaltsregeln den enormen Investitionsbedarf stemmen zu können, der sich insbesondere im Klimabereich zeige.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber monierte, Gentiloni habe den Startschuss zur Aufweichung der europäischen Schuldenregeln gegeben. „Nur weil aus Berlin wegen der Koalitionsverhandlungen gerade kein Widerstand zu befürchten ist, heißt das aber nicht, dass bei der Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes jetzt alles geht.“

„Zahnloser Tiger“

Lüder Gerken, Chef des Freiburger Thinktanks Centrum für Europäische Politik (Cep), verwies darauf, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt seit seiner Aufstellung bereits unzählige Male gebrochen worden sei, ohne dass die vorgesehenen Sanktionen ergriffen worden wären. „Er ist daher längst ein zahnloser Tiger; es gibt heute praktisch keine Zähne mehr, die ihm überhaupt noch gezogen werden könnten“, so Gerken. Allein die Kreditwürdigkeit der Bundesrepublik Deutschland sei in der Vergangenheit häufig der Garant für das Fortbestehen des Euro gewesen und werde das auch in den nächsten Jahren sein.

Nach Ansicht des EU-Abgeordneten Sven Giegold (Grüne) scheint die EU-Kommission eher eine Fortsetzung des derzeitigen Ansatzes der Haushaltsregeln anzustreben. Die von Gentiloni in der Konsultation gestellten Fragen gingen nicht auf die Schuldenregel ein, obwohl diese in ihrer derzeitigen Form nicht haltbar sei, so Giegold. Den Schuldenstand in allen EU-Ländern zügig auf 60% des BIP zu senken, sei „ein Rezept für Massenarbeitslosigkeit“.

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