Antrittsbesuch in Berlin

Macron wirbt für neue politische Gemeinschaft

Der französische Präsident Emmanuel Macron kommt zum Antrittsbesuch nach Berlin und hat eine Idee für ein neues politisches Format für Europa im Gepäck. Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt sich aufgeschlossen, bremst den Reformeifer Macrons an anderer Stelle aber ein.

Macron wirbt für neue politische Gemeinschaft

BZ Berlin

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat anlässlich seines Antrittsbesuchs bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin für eine „europäische politische Gemeinschaft“ geworben, die einen Beitrag zu Sicherheit und Stabilität in Europa leisten soll. Dieser neuen politischen Gemeinschaft könnten nach den Vorstellungen Macrons auch Staaten wie Großbritannien oder die Ukraine angehören. „Wir brauchen ein politisches Format, das Staaten, die unsere Werte teilen, an Europa annähert und gleichzeitig eine enge politische Abstimmung schafft“, erklärte Macron, dessen erste Auslandsreise nach dem Beginn seiner zweiten Amtszeit nach Berlin führte. Bei diesem neuen Format gehe es auch um Formen der Solidarität im Bereich der Sicherheit. Zusammenarbeit könne es aber auch auf Gebieten wie der Energiepolitik geben. Die Idee hatte Macron wenige Stunden zuvor schon in Straßburg skizziert, wo am Montag die „Konferenz für die Zukunft Europas“ zu Ende ging, in der Bürgerinnen und Bürger Vorstellungen für eine Reform der EU erarbeitet haben (siehe Bericht Seite 4).

Scholz zeigte sich grundsätzlich offen für die Idee einer europäischen politischen Gemeinschaft. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass Länder des westlichen Balkans, die eine EU-Beitrittsperspektive haben, davon abgehalten werden, sagte er im Rahmen der gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin. Zugleich bremste der Kanzler Forderungen des französischen Präsidenten nach Vertragsänderungen in der EU. Deutschland werde dabei nicht auf der Bremse stehen, sagte Scholz. Allerdings ließen sich viele Reformen für eine größere Effizienz in der EU auch unterhalb der Ebene von Änderungen der EU-Verträge erreichen, betonte er. Dazu gehöre auch die Abschaffung der Einstimmigkeit in vielen Politikbereichen. Auch Macron befürwortete, dass man in den Bereichen der Fiskal- und Verteidigungspolitik zu Mehrheitsentscheidungen in der EU übergehen sollte.

Schon während seiner ersten Amtszeit preschte Macron wiederholt mit Reformvorschlägen für die Europäische Union nach vorn, die die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aber regelmäßig ins Leere laufen ließ. Am Montag betonten Scholz und Macron die besondere Bedeutung der deutsch-französischen Partnerschaft für Europa. Sie sei wichtiger denn je „als Motor und Inspirationsquelle für das europäische Projekt“, sagte Scholz. Es sei deshalb auch wichtig, dass sich Frankreich bei der Präsidentschaftswahl mit Macron klar für Europa entschieden habe. Jetzt gehe es darum, neuen Schwung für Europa aufzunehmen.

Reformideen aus Straßburg

Die Teilnehmer der am Montag zu Ende gegangenen Konferenz für die Zukunft Europas hoffen darauf. Sie machen sich im Abschlusspapier unter anderem dafür stark, dass das EU-Parlament mehr Macht erhält und einzelne Mitgliedstaaten in Zukunft weniger Vetorechte haben. „Die guten Ideen der Bürgerinnen und Bürger wollen wir zügig aufnehmen, um die Europäische Union stärker, souveräner und effizienter zu machen“, versprach Scholz.

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