Gesetzentwurf

Mindestlohn:  Arbeitgeber fordern Gesetzeskorrektur

In Sachen Mindestlohn-Erhöhung hat der Arbeitgeberverband BDA ein Rechtsgutachten als „Weckruf“ an den Gesetzgeber anfertigen lassen. Dieses sieht erhebliche Mängel beim Zeitplan von Heils Vorstoß.

Mindestlohn:  Arbeitgeber fordern Gesetzeskorrektur

ast Frankfurt

Der Arbeitgeberverband BDA sieht zahlreiche Mängel an dem Gesetzentwurf, der eine Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro zum 1. Oktober dieses Jahres vorsieht. „Wir sehen einen grundlegenden Angriff auf die Tarifautonomie“, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter am Montag bei der Vorstellung eines von der BDA in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens zu der von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geplanten Anhebung der Lohnuntergrenze. Der Gesetzentwurf soll am Mittwoch im Regierungskabinett beraten werden.

„Aus Tariflöhnen werden Staatslöhne“, kritisierte Kampeter. Das vom Göttinger Staatsrechtler Frank Schorkopf angefertigte Gutachten bestätige die Einschätzung, „dass ein Staatslohn ein Angriff auf die Grundprinzipien unserer Wirtschafts- und Arbeitsordnung ist“, so Kampeter weiter. Zum Jahreswechsel hatte die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) angekündigt, die von der Koalition vorgesehene Mindestlohnerhöhung juristisch überprüfen lassen zu wollen. Kampeter stellte aber klar, dass nicht geplant sei, „in den nächsten Tagen vors Verfassungsgericht zu ziehen“. Man wolle dem Gesetzgeber die Chance geben, die Fehler zu korrigieren. Konkret forderte Kampeter ein späteres Inkrafttreten, Übergangsfristen sowie Respekt vor bestehenden Tarifverträgen. Das Gutachten sei als „Weckruf“ an Regierung und Parlament gedacht.

„Kaum reparierbarer Fehler“

Hauptkritikpunkt ist dem Rechtsgutachten zufolge die Missachtung der Zwei-Jahres-Periode für Anpassungsschritte, die im Mindestlohngesetz von 2015 festgeschrieben ist. Zudem vernachlässige der Referentenentwurf die Verhältnismäßigkeit. Schorkopf monierte, der Entwurf änderte lediglich zwei Ziffern: die Höhe des Mindestlohns und das Datum der Anhebung. Ein „kaum reparierbarer Fehler“ sei es, dass zur Verhältnismäßigkeit dieser Anpassung nichts im Entwurf stehe. „Man greift im Grunde genommen einfach in die Speichen eines sich drehenden Rades“, so Schorkopf.

Zudem seien Rückwirkungen auf die künftige Mindestlohnfindung durch die entsprechende Kommission zu erwarten, nämlich „negative Wechselwirkungen auf die Tarifautonomie“, wie der Juraprofessor sagte. „Und das ist ein verfassungsrechtliches Problem.“ Die Arbeitgeber in der Kommission wüssten nun, dass „die große Hand von oben“ kommen könne, also der Gesetzgeber, und das Verfahren in der Mindestlohnkommission ausgehebelt werden könne. In der Kommission legen Spitzenvertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften die Mindestlohnstufen normalerweise fest.

Die Ökonomen der Bundesbank sehen die geplante Mindestlohn-Erhöhung gelassen. Zwar steige der Lohndruck, heißt es im Monatsbericht. Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Anhebung auf 12 Euro seien aber „wohl überschaubar“. Allerdings rechnet die Bundesbank damit, dass die günstigen konjunkturellen Aussichten, der Fachkräftemangel und die hohe Inflation zu höheren Tarifabschlüssen für circa acht Millionen Beschäftigte in diesem Jahr führen könnten. Es sei nicht auszuschließen, dass im gegenwärtigen Umfeld eine stärkere Überwälzung der Löhne auf die Preise erfolge.

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