Niedriglohnsektor

Mindestlohn nützt Millionen Arbeitnehmern

Gut 21% der Erwerbstätigen arbeiten in Deutschland im Niedriglohnsektor und werden mit weniger als 12,27 Euro entlohnt. Die neue Ampel-Koalition will den Mindestlohn auf 12 Euro erhöhen. Die Bundesbank hält dies für stemmbar.

Mindestlohn nützt Millionen Arbeitnehmern

ast Frankfurt

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will das neue Jahr mit einem Gesetzentwurf zur Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro beginnen. Das sagte der Minister am Wochenende der „Rheinischen Post“. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Montag berichtete, arbeiten in Deutschland nach wie vor 7,8 Millionen Männer und Frauen im Niedriglohnsektor. Das entspricht gut 21% der abhängig Beschäftigten. Das soll sich mit der neuen Ampel-Regierung ändern. In ihrem Monatsbericht für Dezember zeigt sich die Bundesbank optimistisch mit Blick auf die weitere Erholung des Arbeitsmarkts im kommenden Jahr.

Die Erhöhung des Mindestlohns von derzeit knapp unter 10 auf dann 12 Euro war eines der Hauptthemen, mit denen die SPD die Bundestagswahl gewonnen hat. Nun sollen dem Koalitionsvertrag Gesetzentwürfe folgen. Bislang würde der Mindestlohn ab 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro steigen. Von einer Erhöhung würden „besonders viele Frauen“ profitieren, erklärte Heil.

Aktuellen Destatis-Daten zufolge erhält mehr als jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland nur einen Niedriglohn – also einen Lohn, der weniger als zwei Drittel des mittleren Verdienstes in einem Land beträgt. Laut Bundesamt ist die Zahl der Niedriglohnjobs seit April 2018 um rund 250000 gesunken. Das sei auf die verbreitete Kurzarbeit in der Coronakrise zurückzuführen, deren Empfänger nicht mitgezählt wurden. Von einer Erhöhung des Mindestlohns würden einer Auswertung von Destatis zufolge etwa 92% der Beschäftigten im Niedriglohnsektor profitieren.

Die Ökonomen der Bundesbank halten den Mindestlohn für stemmbar. Zwar sei der direkt betroffene Personenkreis und dessen Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Lohnsumme wohl etwas größer als bei der Einführung des Mindestlohns 2015. Allerdings falle die durchschnittliche prozentuale Erhöhung der Brutto-Stundenlöhne der Betroffnen voraussichtlich deutlich niedriger als vor sechs Jahren aus. „Unter dem Strich wird die geplante Erhöhung des Mindestlohns die Lohnsumme unmittelbar wohl nicht ganz so stark anheben wie bei dessen Einführung im Jahr 2015“, schreiben die Ökonomen in ihrem Bericht.

Trotz der Unklarheit über den Fortlauf der Coronavirus-Pandemie blickt die Bundesbank zuversichtlich auf die weitere Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts. Die Erholung werde zwar im Winterhalbjahr voraussichtlich etwas eingebremst, dürfte aber im Laufe des kommenden Jahres wieder neuen Schwung gewinnen. Bis zum Jahresende dürfte die Arbeitslosigkeit dann wieder auf dem niedrigen Stand von vor Beginn der Pandemie ankommen. Mit dem Rückgang der Kurzarbeit – der nur in den anstehenden Wintermonaten kurz gestoppt werden dürfte – wird auch die Arbeitszeit pro Beschäftigtem steigen (siehe Grafik).

Die fernere Zukunft nach dem Überwinden der unmittelbaren Folgen durch die Pandemie bewertet die Bundesbank hingegen spürbar skeptischer. Bis Mitte 2023 seien voraussichtlich noch positive Nachholeffekte zu spüren, heißt es im Bericht. Doch dann würden sich aus demografischen Gründen nach und nach Personalengpässe bemerkbar ma­chen. Mittelfristig sei davon auszu­gehen, dass das Arbeitsangebot schrumpft. Das Niveau von Anfang 2020 sehen die Ökonomen aufgrund der schwächelnden Zuwanderung und der demografischen Gegebenheiten außer Reichweite.

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