Geldpolitik

Ministerium stellt sich hinter EZB

Im Streit über die hohe Inflation in Deutschland bekommt die EZB Rückendeckung vom Bundeswirtschaftsministerium. EZB-Vize Luis de Guindos warnt vor einer veränderten „Wahrnehmung der Inflation“.

Ministerium stellt sich hinter EZB

ms Frankfurt

Im Streit über die hohe Inflation in Deutschland und die ultralockere Geldpolitik der EZB hat die Notenbank Rückendeckung vom Bundeswirtschaftsministerium bekommen. Das Ministerium veröffentlichte am Montag auf Twitter gleich eine ganze Reihe Tweets, die die hohen Teuerungsraten relativierten und als vorübergehend bezeichneten. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos warnte derweil davor, dass sich die „Wahrnehmung der Inflation“ ändern könne.

Die Inflation in Deutschland ist im September erstmals seit 1933 über die Marke von 4% auf 4,1% geklettert. Für die nächsten Monate scheinen auch Raten in Richtung 5% möglich. Die Europäische Zentralbank (EZB) führt das vor allem auf Basis- und Sondereffekte zurück und spricht von einem vorübergehenden Phänomen – weswegen sie allenfalls zaghafte Schritte in Richtung Normalisierung der ultralockeren Geldpolitik unternimmt. Die Kritik daran wird aber in Deutschland immer größer. Im Wahlkampfendspurt hatte sich die Union auf das Thema Inflation und die EZB eingeschossen.

Das Wirtschaftsministerium stellt sich nun mit seinen Tweets hinter die EZB-Argumentation. Die Inflation sei aktuell durch „Sondereffekte“ wie die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung und das Klimapaket erhöht. Zudem sei die Inflation auch jetzt so hoch, weil sie coronabedingt 2020 so niedrig war. Im Zweijahresvergleich habe die Inflationsrate im August und im September „jeweils bei moderaten 1,9%“ gelegen. Wie die EZB erwarteten auch die Märkte mittelfristig wieder Raten unterhalb des 2-Prozent-Ziels der Notenbank.

EZB-Vize de Guindos bekräftigte am Montag die Prognose der Euro-Währungshüter, wonach die Inflation 2022 wieder unter 2% sinken werde. Er gab aber zu bedenken, dass einige der Ursachen des jüngsten Inflationsanstiegs – zum Beispiel Versorgungsengpässe und höhere Energiekosten – „strukturelle“ Auswirkungen haben könnten. Die EZB müsse insbesondere auf mögliche Zweitrundeneffekte über den Arbeitsmarkt achten.

„Wir müssen vorsichtig sein, denn die Lohnverhandlungen stehen erst am Anfang und die Wahrnehmung der Inflation wird mit der Zeit immer deutlicher“, sagte de Guindos laut Reuters bei einer Veranstaltung in Madrid. Die geldpolitische Reaktion der EZB müssen sich ändern, wenn die Inflation dauerhaft werde.

Wenn sich die Konjunktur normalisiere und die Covid-Lage es erlaube, werde das in der Pandemie eigens geschaffene Anleihenkaufprogramm namens PEPP seine Aufgabe erfüllt haben, betonte de Guindos. Im Dezember werde die EZB über „mögliche Alternativen“ zu dem Programm entscheiden, falls dieses im März 2022 beendet werden sollte.

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