EZB

Nagel legt Hürde für TPI-Einsatz hoch

Am Sonntag wird in Italien gewählt. Ein starker Rechtsruck könnte für Unruhe an den Finanzmärkten sorgen. Dann dürfte der Druck auf die EZB wachsen, Italien zu stützen.

Nagel legt Hürde für TPI-Einsatz hoch

ms Frankfurt

Unmittelbar vor der Wahl in Italien am Sonntag hat Bundesbankpräsident Joachim Nagel den Ausnahmecharakter des neuen EZB-Kriseninstruments TPI zum Ankauf von Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder betont. Die Wahl gilt als Richtungswahl und es zeichnet sich ein klarer Wahlerfolg rechter Kräfte unter Georgia Meloni von der Partei Fratelli d’Italia, den Brüdern Italiens, ab. Damit steht das Land vor einem Kurswechsel und es gibt durchaus Sorgen, dass es zu Unruhe an den Finanzmärkten und stark steigenden Renditen auf italienische Papiere kommt. Dann könnte der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) wachsen, Italien zu stützen.

„Ich möchte noch einmal betonen, dass die Zielsetzung von TPI und OMT gerade nicht ist, Staatsanleiherenditen nach Gutdünken zu beeinflussen und so Preissignale auszuhebeln. Vielmehr sollen lediglich Renditeanteile beseitigt werden, die nicht mit den Fundamentaldaten des Mitgliedstaates in Einklang zu bringen sind, um die Funktionsfähigkeit des Transmissionsmechanismus sicherzustellen“, sagte Nagel nun am Freitagabend bei einer Rede in Luzern. OMT ist ein 2012 aufgelegtes Staatsanleihekaufprogramm, das wesentlich zur Beruhigung der Euro-Schuldenkrise beigetragen hatte – obwohl es nie aktiviert wurde.

Das neue Transmission Protection Instrument (TPI) hatte der EZB-Rat im Juli beschlossen – parallel zur Zinswende. Formal soll das TPI eine einheitliche Geldpolitik in allen Euro-Ländern unterstützen. De facto ist es aber vor allem eine Art Beistandsverpflichtung für hoch verschuldete Länder wie Italien. Das zeigt auch die Entstehungsgeschichte: Das TPI wurde im Grunde im Juni auf den Weg gebracht, nachdem im Zuge eines breiteren Ausverkaufs bei Euro-Staatsanleihen die italienische Rendite erstmals seit 2014 wieder über 4% geklettert war. Kritiker werfen der EZB vor, sie betreibe so verbotene monetäre Staatsfinanzierung.

Bislang hat die EZB zum TPI sehr wenige Informationen veröffentlicht. Beobachter führen das auch darauf zurück, dass das Instrument im EZB-Rat umstritten ist. Das dürfte insbesondere auch für die Frage gelten, wann es aktiviert wird – wann also ein Renditeanstieg nicht mehr fundamental gerechtfertigt ist. Diese Frage könnte sich zum Beispiel stellen, wenn wegen eines Regierungs- und Politikwechsels in Italien die Zinsen anziehen. Kritiker dürften argumentieren, dass es dann fundamentale Gründe gibt. Nagels Aussagen legen nun zumindest nahe, dass er die Hürde für einen Einsatz von TPI auch eher recht hoch legt – auch wenn er es grundsätzlich verteidigt.

„Aus ordnungspolitischer Sicht ist der Fokus auf Anleiherenditen einzelner Länder offensichtlich eine Gratwanderung“, sagte Nagel. Einerseits gehe es darum, einen funktionierenden Transmissionsmechanismus zu gewährleisten. „Andererseits besteht die Gefahr, dass in einen eigentlich noch funktionierenden Markt eingegriffen wird oder für Staaten der Anreiz sinkt, ihre öffentlichen Finanzen nachhaltig auszurichten.“ Aus diesem Grund enthalte das TPI Sicherheitsvorkehrungen. Zudem „sollte ein Beschluss des EZB-Rats zur Aktivierung des TPI auf einer umfassenden Beurteilung von Markt- und Transmissionsindikatoren basieren, sodass Transmissionsstörungen hinreichend belegt sind“.

Weitere Zinsschritte nötig

Mit Blick auf die Zinswende der EZB untermauerte Nagel einmal sehr seine Forderung nach weiteren, deutlichen Zinserhöhungen – selbst wenn eine Rezession drohe. „Die Hauptsache ist momentan die Inflationsbekämpfung“, sagte Nagel. Der EZB-Rat habe mit den beiden deutlichen Zinsanhebungen im Juli und September entschlossen gehandelt. „Weitere Straffungsschritte sind in Aussicht gestellt und werden aus meiner Sicht kommen müssen.“ Inflation zehre Wohlstand auf und treffe die Schwächsten am härtesten. Sie stehe damit im Widerspruch zum Anspruch „Wohlstand für Alle“.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.