Unternehmensdarlehen

Nur leichte Erholung bei der Kreditvergabe im Euroraum

Eine Zunahme der Darlehen mit kurzer Laufzeit verhindert, dass die Kreditvergabe an Unternehmen in der Eurozone zum zweiten Mal in Folge schrumpft. Doch diese Entwicklung könnte auf Liquiditätsprobleme der Firmen hindeuten.

Nur leichte Erholung bei der Kreditvergabe im Euroraum

Nur leichte Erholung bei der Kreditvergabe

Ausreichung von Darlehen an Unternehmen in der Eurozone stagniert auf Jahressicht – Geldmenge schrumpft

Die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen in der Eurozone bleibt auch im November schwach. Eine Zunahme der Darlehen mit kurzer Laufzeit verhindert, dass die Kreditvergabe im Jahresvergleich zum zweiten Mal in Folge schrumpft. Doch diese Entwicklung könnte auf Liquiditätsprobleme der Firmen hindeuten.

mpi Frankfurt

Die schwache Konjunktur in der Eurozone und die verzögerten Auswirkungen der Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) dämpfen weiterhin die Kreditvergabe in der Eurozone. Im Jahresvergleich stagnierte im November die Ausreichung von Darlehen an Unternehmen aus dem Nicht-Finanzsektor. Dies teilte die EZB am Dienstag in Frankfurt mit.

Die Stagnation bedeutet eine leichte Erholung, da die Kreditvergabe im Oktober das erste Mal seit Sommer 2015 geschrumpft war. Eine deutliche Zunahme der Darlehen mit einer Laufzeit von maximal einem Jahr verhinderte, dass die Kreditvergabe zum zweiten Mal in Folge sinkt. Die kurzfristigen Darlehen legten um im Jahresvergleich 10% zu, während die Kredite mit einer mittelfristigen Laufzeit stagnierten. ING-Chefökonom Carsten Brzeski wertet den deutlichen Anstieg von kurzfristigen Darlehen als mögliches Zeichen, dass Unternehmen inzwischen verstärkt mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen haben.

Die Zahl der Insolvenzen ist in den vergangenen Monaten vor allem in Westeuropa angestiegen. In der größten Volkswirtschaft der Eurozone, Deutschland, stieg die Anzahl der beantragten Regelinsolvenzen im November um 18,8%. Die Kreditversicherer rechnen für Deutschland mit weiter steigenden Insolvenzzahlen 2024. Die meisten Experten sehen in dieser Entwicklung aber bislang keine anrollende Pleitewelle, sondern eine Normalisierung der Fallzahlen, nachdem staatliche Hilfen während der Pandemie viele Firmenpleiten verhindert hatten.

EZB sieht keine Kreditklemme

Die EZB macht sich derzeit keine grundsätzlichen Sorgen um die Liquidität der Unternehmen in der Eurozone und stellt keine Kreditklemme fest. Die Eintrübung bei der Kreditvergabe ist von Seiten der Notenbank durchaus gewünscht. Auf diese Weise sinken die Konsumausgaben und die Investitionen, was den Preisdruck in der Eurozone senkt.

Die Inflationsrate ist 2023 zwar deutlich zurückgegangen. Im November lag sie mit 2,4% auf dem niedrigsten Stand seit zweieinhalb Jahren. Allerdings dürfte sie nun wieder etwas anziehen, ehe sie sich wieder dem 2-Prozent-Inflationsziel der EZB nähert. Die Zentralbank, wie auch viele Ökonomen und Analysten, rechnen jedoch derzeit nicht damit, dass die Teuerung bereits 2024 auf das Inflationsziel fällt.

Die restriktive Geldpolitik der EZB hat auch unerwünschte Nebenwirkungen. Die geringe Kreditvergabe senkt nicht nur den Inflationsdruck, sondern führt auch dazu, dass wichtige Investitionen verschoben oder gestrichen werden – etwa in die grüne Transformation der Wirtschaft, die Digitalisierung oder die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen.

Investitionen abgewürgt

Manche Volkswirte sprechen sich daher für zeitnahe Zinssenkungen der EZB aus, um diese Investitionen anzuschieben und die schwache Konjunktur der Eurozone zu stimulieren. An den Finanzmärkten ist eine erste Zinserhöhung im Frühjahr schon seit längerem eingepreist. Verschiedene EZB-Ratsmitglieder haben jedoch in der jüngeren Vergangenheit wiederholt betont, dass Zinssenkungen aktuell kein Thema für die Notenbank sind. Dafür seien die Inflation und die Aufwärtsrisiken für die Teuerung nach wie vor zu hoch. Bei der nächsten Zinssitzung Ende Januar ist eine Verlängerung der Zinspause so gut wie ausgemacht.

Geldmenge schrumpft weiter

Wie aus den am Dienstag veröffentlichten Daten der EZB ebenfalls hervorgeht, ist die Geldmenge in der Eurozone weiter geschrumpft. Die breit gefasste Geldmenge M3 sank im November im Jahresvergleich um 0,9%. Die Geldmenge M1, die aus Sichteinlagen und Bankguthaben besteht, sank um 9,5%. Sie gilt Ökonomen als Konjunkturindikator, da sie abbildet, wie hoch die Liquidität ist. M1 schrumpft bereits seit Januar 2023. Allerdings fiel der Rückgang im November etwas geringer aus als jeweils in den drei Monaten davor.

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