Bericht der EU-Kommission

Rechtsstaats­probleme in zahlreichen EU-Staaten

Der dritte Rechtsstaatsbericht der EU-Kommission legt erneut die Probleme offen, die es in zahlreichen EU-Staaten mit der Rechtsstaatlichkeit gibt. Auch in Deutschland sieht Brüssel noch Verbesserungsbedarf.

Rechtsstaats­probleme in zahlreichen EU-Staaten

ahe Brüssel

Die EU-Kommission sieht in einigen europäischen Mitgliedsstaaten weiterhin „systemische“ und „strukturelle“ Probleme im Bereich der Rechtsstaatlichkeit. Dies geht aus dem neuen Jahresbericht hervor, den die Brüsseler Behörde am Mittwoch veröffentlicht hat. Insbesondere mit Blick auf die Unabhängigkeit der Justiz gebe es „Bedenken“, hieß es. In einigen Mitgliedstaaten beträfen diese die Ernennungen an Gerichten höherer Instanz und von Gerichtspräsidentschaften. In anderen Mitgliedstaaten bestünden Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften. Auch würden Disziplinarverfahren genutzt, um die Unabhängigkeit der Justiz einzuschränken.

So werden „ernste Bedenken“ bezüglich der Unabhängigkeit unter anderem in Polen gesehen. Allerdings erkannte die EU-Kommission auch an, dass die Regierung in Warschau sich verpflichtet hat, das Disziplinarregime für Richter zu reformieren und unrechtmäßig entlassene Richter wieder einzustellen.

In Ungarn gibt es laut dem Kommissionsbericht nur unzureichende unabhängigen Kontrollmechanismen zur Aufdeckung von Korruption. Gewarnt wird zugleich vor Risiken durch Klientel- und Günstlingswirtschaft in der öffentlichen Verwaltung auf hoher Ebene. Die Kommission verwies grundsätzlich darauf, dass die EU zwar nach wie vor „eine der am wenigsten korrupten Regionen der Welt“ sei und viele Mitgliedsstaaten auch im zurückliegenden Jahr an weiteren Reformen gearbeitet hätten. EU-Bürger sähen Korruption jedoch nach wie vor als ein ernstes Problem an.

Die EU-Kommission hat den Rechtsstaatsbericht zum dritten Mal vorgelegt – zum ersten Mal nun auch mit konkreten Empfehlungen für jeden Mitgliedstaat.

Deutschland schnitt im Bereich Justiz, Medienfreiheit und der institutionellen Gewaltenteilung recht gut ab. Bemängelt wurde allerdings fehlende Lobbytransparenz und -regulierung. Es gebe Reformbedarf in Bezug auf die Offenlegung von Vermögenswerten von Parlamentariern und Regierungsbeamten sowie Un­klarheiten bei den Regelungen zu deren Nachfolgebeschäftigungen und Karenzzeiten. Richter in Deutschland müssen nach Ansicht der EU-Kommission zudem besser bezahlt werden. Mit Blick auf bevorstehende Pensionierungen von Richtern gehe es auch um die Attraktivität des Berufs.

„Innere Bedrohung“

„Der Abbau von Rechtsstaat und Demokratie ist die größte innere Bedrohung der Europäischen Union“, erklärte Katarina Barley (SPD), Vizepräsidentin des EU-Parlaments, zu dem Bericht. Europas Anziehungskraft sei das Versprechen von Rechtsstaat und Demokratie. „Die Ukraine und andere Beitrittswillige streben wegen dieser Grundwerte in unsere Gemeinschaft.“

Der grüne EU-Abgeordnete Daniel Freund forderte die Kommission auf, Rechtsstaatsverstöße finanziell zu sanktionieren – insbesondere in Polen und Ungarn. „Wir wissen mittlerweile ganz genau, wie kaputt Demokratie und Rechtsstaat in beiden Ländern sind“, so Freund. „Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen muss endlich handeln.“

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.