Bruttoinlansprodukt

Schweizer Konjunkturmotor stottert

Die Inflation in der Schweiz ist deutlich niedriger als in vielen anderen Ländern. Der global abflauenden Konjunktur kann sich die Schweizer Wirtschaft jedoch nicht entziehen.

Schweizer Konjunkturmotor stottert

Schweizer Wirtschaftsmotor stottert

Bruttoinlandsprodukt stagniert im zweiten Quartal – Exportgeschäft schwach

mpi Frankfurt

Im Sog der schwächelnden globalen Konjunktur hat auch die Schweizer Wirtschaft den Wachstumspfad verlassen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eidgenossen stagnierte im zweiten Quartal. Dies teilte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Montag mit. Von Bloomberg befragte Ökonomen waren im Median von einem leichten Anstieg der Wirtschaftsleistung um 0,1% ausgegangen. Im ersten Quartal hatte das Schweizer BIP noch um 0,9% zulegen können.

Belastend für die Unternehmen wirkt sich derzeit aus, dass die Nachfrage im Ausland nach Schweizer Exporten aufgrund der mauen weltweiten Konjunktur spürbar nachlässt – nicht zuletzt auch aus Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz. Rund 80% ihrer produzierten Güter exportieren die Schweizer Firmen. Ein Viertel aller Ausfuhren gehen nach Deutschland. Die Schweiz ist „vom Wohl und Wehe im Ausland abhängig“, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Die Warenexporte der eidgenössischen Unternehmen sanken um 1,2% gegenüber dem Vorquartal.

Die Wertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes fiel gegenüber den ersten drei Monaten des Jahres um 2,9%. Vor allem konjunktursensitive Wirtschaftszweige wie der Maschinen- und Metallbau produzieren derzeit wegen der geringeren Nachfrage aus dem Ausland weniger. Auch die chemisch-pharmazeutische Industrie registriert eine niedrigere Wertschöpfung.

Investitionen lassen nach

Die schlechtere Auftragslage wirkt sich auf das Ausgabenverhalten der Unternehmen aus. Die Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen fielen um 3,7% gegenüber dem ersten Quartal. Die Bauinvestitionen sanken um 0,8%.

Ein Lichtblick ist bislang der private Konsum. Dieser legte im zweiten Quartal um 0,4% zu. Die Inflation in der Schweiz lag im August mit 1,6% deutlich niedriger als in vielen anderen Ländern, wo die hohen Verbraucherpreise den Konsum abwürgen. Ob die Ausgaben der Verbraucher die Konjunktur in der Schweiz jedoch auch im weiteren Jahresverlauf stützen können, ist laut Gitzel fragwürdig. „Viele Schweizer müssen sich auf höhere Mieten einstellen. Das belastet die inländischen Konsumausgaben.“

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte den Leitzins im Juni um 25 Basispunkte auf 1,75% angehoben, um die Teuerung weiter zu senken. Das Inflationsziel der SNB liegt bei 0 bis 2%. Da die Inflation weiter oberhalb der Mitte dieser Spanne liegt, gilt eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr als nicht unwahrscheinlich. Die Währungshüter werden bei ihrer kommenden Zinssitzung Ende September entscheiden, ob sie angesichts der schwächelnden Konjunktur erstmal eine Zinspause einlegen oder den Leitzins ein weiteres Mal anheben.

Ökonomen prognostizieren für dieses Jahr derzeit ein Wirtschaftswachstum von 0,8%. Risiken für diesen Ausblick sind unter anderem die Stärke des Franken, der die Umsätze exportorientierter Unternehmen belastet, stagnierende Reallöhne und steigende Kosten für Miete und Strom. „In der zweiten Jahreshälfte wird das Wachstum schwächer ausfallen“, sagte Alexander Rathke von der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich. „Der Aufschwung wird sich etwas verlangsamen, aber eine große Krise sehe ich nicht.“

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