Großbritannien

Streit über Nordseelizenzen

Im britischen Kabinett wächst die Unterstützung für die Erteilung neuer Lizenzen für die Erschließung von Öl- und Gasvorhaben in der Nordsee. Boris Johnson nimmt derweil personelle Veränderungen vor.

Streit über Nordseelizenzen

hip London

Der britische Premierminister Boris Johnson hat erneut Gegenwind aus seinem Kabinett zu spüren bekommen. Wie der „Telegraph“ berichtet, dringt Schatzkanzler Rishi Sunak darauf, im laufenden Jahr grünes Licht für die Erschließung von sechs neuen Öl- und Gasfeldern in der Nordsee zu geben. Er habe Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng gebeten, das Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. „Kwasi stellt sich aktiv den irrsinnigen Forderungen von Labour und der Öko-Lobby entgegen, die britische Produktion abzustellen“, wird eine Quelle des Blatts im Regierungsviertel Whitehall zitiert. Er werbe für mehr Investitionen in der Nordsee während des Übergangs zur Nullemissionswirtschaft – nicht nur wegen der damit verbundenen Arbeitsplätze und Steuereinnahmen, sondern auch wegen der Versorgungssicherheit.

Die Reserven der sechs Standorte zusammengenommen würden ausreichen, um Großbritannien sechs Monate lang mit Energie zu versorgen. Es geht um Rosebank im Westen der Shetlands sowie die Standorte Jackdaw, Marigold, Brodick und Catcher in der Nordsee. Die Erschließung von Tolmount East hätte eigentlich schon im vergangenen Jahr von der Oil & Gas Authority abgesegnet werden sollen und wird nun dieses Jahr erwartet.

Unterdessen segnete die Atomenergie- und die Umweltbehörde das Reaktordesign der China General Nuclear Group für den Einsatz in Großbritannien ab. Der Druckwasserreaktor UK Hualong entspreche den regulatorischen Anforderungen, was Sicherheit und Umweltschutz angehe. Die Prüfung hatte annähernd fünf Jahre in Anspruch genommen. Mittlerweile ist die Volksrepublik China als Partner für die zivile Nutzung der Atomenergie allerdings nicht mehr so gefragt wie noch unter Johnsons Vorgängern.

Der Umbau der Regierung geht derweil weiter. Der prominente Brexiteer Jacob Rees-Mogg wurde „Staatssekretär für Brexit-Chancen und Effizienz der Regierung“. Bislang hatte er die Geschäfte der Regierung im Unterhaus geführt. Diese Aufgabe übernimmt nun Mark Spencer, der bislang als „Chief Whip“ dafür zuständig war, die Tory-Abgeordneten auf Linie zu halten. Der EU-Gegner Chris Heaton-Harris wird künftig den „Einpeitscher“ machen. Stuart Andrew wird zehnter Wohnungsbauminister in elf Jahren. „Wer sagt, dass langweilige Männer nicht nach oben scheitern?“, kommentierte die stellvertretende Oppositionsführerin Angela Rayner (Labour) die Veränderungen auf Twitter. Bei Graham Brady, dem Vorsitzenden des 1922 Committee der Regierungspartei, wurden in den vergangenen Tagen weitere schriftliche Unmutsbekundungen über Johnson eingereicht. Um ein parteiinternes Misstrauensvotum auf den Weg zu bringen, müssen 54 Briefe von Abgeordneten bei ihm eingehen.