Schottland

Sturgeon erleidet Schiffbruch vor dem Supreme Court

Der Supreme Court hat entschieden, dass die schottische Regierung nicht im Alleingang ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum ansetzen kann. Nicola Sturgeon will nun die nächsten Wahlen dazu machen.

Sturgeon erleidet Schiffbruch vor dem Supreme Court

hip London

Die schottischen Nationalisten haben vor dem obersten britischen Gericht Schiffbruch erlitten. Wie der Supreme Court einstimmig entschied, kann die Regionalregierung in Holyrood nicht im Alleingang die gesetzlichen Grundlagen für ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum schaffen. Nicola Sturgeon, die Chefin der dort regierenden Scottish National Party, äußerte sich enttäuscht, kündigte aber an, die Entscheidung zu respektieren. Das Gericht mache die Gesetze nicht. Es interpretiere sie nur. „Ein Gesetz, das Schottland nicht erlaubt, ohne Zustimmung aus Westminster über unsere eigene Zukunft zu entscheiden, entlarvt jegliche Vorstellung Großbritanniens von der freiwilligen Partnerschaft als Mythos“, äußerte sie sich unmittelbar nach der Entscheidung auf Twitter. Man wolle einen „rechtmäßigen und demokratischen“ Weg einschlagen.

„De-facto-Referendum“

Sturgeon wollte eigentlich am 19.10.2023 erneut über den Austritt aus dem Vereinigten Königreich abstimmen lassen. Allerdings hatte sie als Plan B bereits ein „De-facto-Referendum“ ins Spiel gebracht. In einer Pressekonferenz sagte sie, dass sie die nächsten Unterhauswahlen dazu machen wolle. Im kommenden Jahr werde ein Sonderparteitag darüber befinden. Um mit dieser Vorgehensweise erfolgreich zu sein, müssten die Nationalisten in Schottland die 50-Prozent-Marke knacken. Aber das haben sie noch nie geschafft. Zuletzt hatte Labour in der Gunst der schottischen Wähler zugelegt, während die SNP nicht vom politischen Durcheinander in Westminster profitieren konnte. „Jetzt ist es für alle von uns in der schottischen Politik an der Zeit, uns auf die Probleme zu konzentrieren, vor denen unser Land steht, von den in die Höhe schießenden Rechnungen bis zur Krise im National Health Service (NHS)“, sagte der für Schottland zuständige Labour-Politiker Ian Murray. Er würde sich wünschen, dass die Nationalisten mit ähnlicher Leidenschaft daran gingen wie an das Thema Unabhängigkeit. „Ich fürchte, dass es nicht passieren wird, nachdem die Regierungschefin angekündigt hat, die nächsten Unterhauswahlen zu einem de facto Referendum zu machen“, sagte Murray. Labour schloss in diesem Zusammenhang erneut aus, sich durch einen Deal mit der SNP den Einzug in 10 Downing Street zu sichern. Im Unterhaus sagte SNP-Fraktionsführer Ian Blackford, Premierminister Rishi Sunak habe nicht das Recht, Schottland Demokratie zu verweigern. „Der Premierminister hat nicht einmal ein persönliches Mandat, in 10 Downing Street zu sitzen“, sagte Blackford.

„Wenn nur die enormen Anstrengungen, Kapazitäten und Ressourcen, die für eine Wiederholung der Volksabstimmung aufgebracht wurden, in das Gesundheitswesen, Bildung und die Wirtschaft gesteckt worden wären!“ schrieb die konservative schottische Politikerin Ruth Davidson. Der Beschluss des Supreme Court sei wenig überraschend, doch sei ihre Einstimmigkeit und Klarheit begrüßenswert. Sie habe keinen Zweifel daran, dass die SNP versuchen werde, die Entscheidung dazu zu nutzen, weiteren Groll zu mobilisieren.

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