Inflationserwartungen

Verbraucher bezweifeln Rückgang der Inflation

Der seit langem deutlich abnehmende Preisdruck in der Eurozone spiegelt sich bislang wenig in den Inflationserwartungen der Verbraucher wider. Für die EZB sind das keine guten Nachrichten.

Verbraucher bezweifeln Rückgang der Inflation

Verbraucher bezweifeln Inflationsrückgang

Konsumenten rechnen mit 4 Prozent binnen zwölf Monaten – Erzeugerpreise sinken erneut stark

mpi Frankfurt

Der seit langem deutlich abnehmende Preisdruck in der Eurozone spiegelt sich bislang wenig in den Inflationserwartungen der Verbraucher wider. Für die Europäische Zentralbank (EZB) sind das keine guten Nachrichten, denn die Prognose kann Auswirkungen auf die tatsächliche Entwicklung der Teuerung haben.

Obwohl die Inflationsrate in der Eurozone seit April von Monat zu Monat sinkt, erwarten die Verbraucher, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Inflationsziel von 2% auch 2024 deutlich verfehlen wird. Wie aus einer am Dienstag veröffentlichten EZB-Umfrage hervorgeht, prognostizierten die Konsumenten im Oktober im Median eine Teuerung von 4% auf Sicht von zwölf Monaten.

Damit bleiben die Inflationserwartungen konstant im Vergleich zur vorherigen September-Umfrage. Zuvor waren die Prognosen drei Monate in Folge sogar gestiegen, von 3,4% im Juli auf besagte 4% im September. Die langfristigen Inflationserwartungen sind in diesem Jahr ziemlich stabil. Sie liegen derzeit weiter bei 2,5% im Median auf Sicht von drei Jahren.

Verbraucher erwarten deutlichen Anstieg der Inflation

Die Erfolge der EZB bei der Bekämpfung der Teuerung spiegeln sich damit bislang so gut wie gar nicht in den Inflationserwartungen der Verbraucher wider. Während die Inflationsrate in diesem Jahr von 8,6% im Januar auf nun 2,4% gefallen ist, ist die Prognose für die kurzfristige Entwicklung der Teuerung nur moderat von 4,9% auf 4% gesunken. Womit die Konsumenten einen deutlichen Anstieg der Inflation bis Oktober 2024 erwarten.

Zwar gehen auch Ökonomen davon aus, dass die Teuerung ihren vorläufigen Tiefpunkt erreicht hat. Aus statistischen Gründen könnte sie im Dezember wieder auf über 3% klettern. Allerdings erwarten Volkswirte mehrheitlich, dass die Inflation im kommenden Jahr auf knapp über 2% fallen wird oder die EZB ihr Inflationsziel 2024 sogar erreicht.

Selbsterfüllende Prophezeiung

Dass die Verbraucher dies nicht so sehen, kann für die EZB durchaus zum Problem werden. Denn die Inflationserwartungen werden zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Wenn die Verbraucher in Erwartung stark steigender Preise größere Käufe nach Möglichkeit vorziehen, erhöht das die Nachfrage. In der Folge steigt der Inflationsdruck.

EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hatte deshalb Anfang November in einer Rede in den USA darauf hingewiesen, dass es für die Notenbank zentral ist, dass die langfristigen Inflationserwartungen der Verbraucher und Unternehmen nicht zu hoch sind. „Obwohl unsere entschlossenen geldpolitischen Entscheidungen die breite Verankerung der langfristigen Inflationserwartungen gesichert haben, deuten Umfragen und Finanzmarktpreise weiterhin auf Bedenken hin, dass die Inflation hoch bleiben könnte“, warnte sie.

Energie- und Lebensmittelpreise im Fokus

Die Bundesbank hatte Ende November in einem Forschungspapier festgestellt, dass höhere eigene Energierechnungen bei weniger gut informierten Haushalten zu einem Anstieg der Inflationserwartungen führen. Bei Haushalten, die sich über die Entwicklung der Inflation informieren, sowie bei Unternehmen kam es hingegen nicht zu höheren Preiserwartungen. Die hohen Energiepreise im vergangenen Winter könnten daher einer der Gründe sein, weshalb die Inflationserwartungen vergleichsweise hoch sind.

Einen weiteren Grund führte Schnabel an. Die starken Preissteigerungen bei Lebensmitteln sind für Verbraucher sichtbarer als die Preisentwicklung in anderen Segmenten, in denen die Inflation in diesem Jahr nicht so stark ausfiel.

Rückgang der Energiepreise

Die Entwicklung der Euro-Erzeugerpreise deutet unterdessen einen weiter abnehmenden Preisdruck an. Die Produzentenpreise in der Industrie sanken im Oktober um 9,4% im Vergleich zum Vorjahresmonat. Damit fällt der Rückgang jedoch geringer aus als noch im September. Damals stellten die Statistiker ein Minus von 12,4% fest.

Hauptgrund für die Entspannung bei den Erzeugerpreisen, die zu Jahresbeginn noch zweistellig zulegten, sind die niedrigeren Energiekosten. Energie verbilligte sich im Oktober im Jahresvergleich um 25%. Ohne diese Entwicklung steht nur ein schmaler Rückgang der Produzentenpreise in der Industrie von 0,2% zu Buche. Im September war Energie sogar um 31,2% billiger gewesen.

Die Erzeugerpreise sind ein Indikator für die Entwicklung der Verbraucherpreise. Unternehmen geben zeitverzögert veränderte Produktionskosten oft zumindest teilweise über Preiserhöhungen oder -senkungen an ihre Kunden weiter.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.