Verbraucherpreise

Weitere Vorboten für Inflations­schock in Euroland

Nach Deutschland und Spanien melden auch die Statistikämter in Frankreich und Italien Teuerungsraten, die über den Erwartungen der Analysten liegen. In Frankreich ist das ein zentrales Wahlkampfthema.

Weitere Vorboten für Inflations­schock in Euroland

rec/wü Frankfurt/Paris

Im Euroraum deutet alles darauf hin, dass die Inflation im März nochmals kräftig angezogen hat. Nach Deutschland und Spanien meldeten auch die Statistikämter in Frankreich und Italien Teuerungsraten, die über den Erwartungen der Analysten liegen. Somit dürfte ausgemacht Sache sein, dass das europäische Statistikamt Eurostat an diesem Freitag eine neuerliche Rekordinflationsrate seit Einführung des Euro 1999 vermeldet.

Das bringt die Europäische Zentralbank (EZB) in eine immer schwierigere Lage. Der Ukraine-Krieg und der damit einhergehende starke Anstieg der Energiepreise heizen die ohnehin hohe Inflation weiter an. Dem steht die zunehmende Gefahr einer Rezession gegenüber, was wiederum Sorgen vor einer Stagflation schürt, also hoher Inflation bei schwacher Wirtschaftsleistung. Im EZB-Rat ist das richtige Maß der begonnenen geldpolitischen Straffung Gegenstand intensiver Debatten. So forderte EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann im Interview mit der Börsen-Zeitung ein Ende des Negativzinses in diesem Jahr.

Einmal mehr schaltete sich der bayerische Ministerpräsident Markus Söder ein. „Die Zinsen müssen wieder steigen“, forderte Söder in der Bild-Zeitung. „Die EZB muss jetzt schnell die richtigen Maßnahmen ergreifen, damit die Einkommen und Ersparnisse unserer Bürgerinnen und Bürger nicht länger entwertet werden.“ Die CSU hatte bereits im Bundestagswahlkampf mit der Forderung nach einer „Inflationsbremse“ Aufsehen erregt.

EZB-Vizechef Luis de Guindos sagte an der Universität Amsterdam, er rechne erst nach einer Reihe von Monaten mit dem Höhepunkt der Inflationswelle. In der zweiten Jahreshälfte werde sie dann aber voraussichtlich abflachen. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane gab sich trotzdem zuversichtlich, dass sich die Inflation auf mittlere Sicht um das EZB-Ziel von 2% stabilisieren werde. Zugleich erscheine es plausibel, dass die Zeiten relativ niedriger Inflation nicht zurückkehrten, wie sie vor Ausbruch der Pandemie herrschten.

In Italien stieg der für die EZB einschlägige HVPI laut Statistikamt Istat auf Jahressicht um 7,0%. Das ist die höchste Rate seit Einführung des Euro 1999. In Frankreich ist der Preisauftrieb nicht ganz so kräftig. Aber auch das vom Statistikamt Insee ermittelte März-Plus von 5,1% lag über den Erwartungen. In Deutschland ist der HVPI im März laut Statistischem Bundesamt um 7,6% gestiegen, in Spanien sogar um 9,8%.

Wahlkampfthema Inflation

Die Inflation ist in Frankreich gerade vor dem Hintergrund der in wenigen Tagen anstehenden Präsidentschaftswahlen ein sensibles Thema. Denn die Kaufkraft ist für viele Wähler das wichtigste Thema im Wahlkampf. Laut Umfragen ist sie für 57% der Bevölkerung derzeit die größte Sorge. Wie heikel das Thema Kaufkraft in Frankreich ist, haben bereits die Proteste der Gelbwesten gezeigt, die sich an hohen Kraftstoffpreisen und einer geplanten Umweltsteuer auf Benzin entzündeten. Die Gilets Jaunes legten im Winter 2018/19 an den Wochenenden Innenstädte lahm und sorgten so für eine Krise. Der Anstieg der Preise hat alle zwölf Präsidentschaftskandidaten gezwungen, sich zu äußern. Obwohl die Kaufkraft seit Beginn der Amtszeit von Präsident Emmanuel Macron stärker als unter seinen Vorgängern gestiegen ist, haben viele Franzosen das Gefühl, sie sei gesunken.

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