Deutsche Konjunktur

Welthandel verliert an Schwung

Sowohl der globale Handel als auch der Außenhandel Deutschlands scheinen vorerst eine Verschnaufpause einzulegen, wie zwei Frühindikatoren zeigen.

Welthandel verliert an Schwung

ba Frankfurt

Sowohl der globale Warenverkehr als auch der Außenhandel Deutschlands scheinen eine Verschnaufpause einzulegen. Dies signalisiert sowohl der Kiel Trade Indicator für Mai als auch ein vom Statistischen Bundesamt neu aufgelegter Frühindikator für den deutschen Außenhandel im April. Die Ausschläge sind allerdings moderat und dürften aktuell zu weiten Teilen auf Probleme bei den Frachtkapazitäten zurückzuführen sein.

Der monatelange Aufholprozess der Handelsströme dürfte im Mai laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) „erstmals seit rund einem Jahr auf breiter Front unterbrochen werden“. Der Kiel Trade Indicator signalisiert für China eine Stagnation sowie für Deutschland, die EU, die USA und den Welthandel insgesamt ein Minus bei Importen und Exporten. IfW-Ökonom Vincent Stamer mutmaßte: „Ursache könnte sein, dass gegenwärtig die Nachfrage nach Schiffscontainern das Angebot deutlich übersteigt und die Transportpreise in die Höhe treibt.“ Aber auch Knappheiten bestimmter Produkte und Rohstoffe könnten zum Trendbruch beitragen.

Der Indikator, der die Im- und Exporte für 75 Länder weltweit, die EU sowie den Welthandel insgesamt auf Basis von Schiffsbewegungsdaten in Echtzeit schätzt, lässt für den gesamten Welthandel im Mai einen leichten Rückgang um 1,4% erwarten. Für Deutschland deutet er ein Minus sowohl der Exporte (–1,7%) als auch der Importe (–0,5%) im Vergleich zu April an.

Dass die deutschen Exporte in Staaten außerhalb der EU bereits im April zurückgegangen sind, zeigt der neue Außenhandelsfrühindikator des Statistischen Bundesamtes (Destatis), der am Donnerstag vorgestellt wurde. Demzufolge wurden im April Waren im Wert von 50,8 Mrd. Euro in Drittstaaten exportiert – das sind zwar 35,6% mehr als im Vorjahr, doch ein Minus von kalender- und saisonbereinigt 1,8% gegenüber März (siehe Grafik). Zudem ist beim Vorjahresvergleich zu beachten, „dass die Exporte in Drittstaaten im April 2020 im Zuge der Coronakrise um 27,1% gegenüber April 2019 gesunken waren und damit auf einem sehr niedrigen Niveau lagen“, wie Destatis betonte. Außerdem bildet der Indikator nur durchschnittlich rund 47% der Exporte ab. Da sich der Handel mit Drittstaaten aber nicht immer parallel zum Handel mit den EU-Staaten entwickelt, „korreliert der Indikator nicht sehr zuverlässig mit den Gesamtzahlen für den Außenhandel“, betonen die Statistiker. Der Indikator, für den die von den Zollbehörden übermittelten Exportdaten gesammelt werden, erscheint zwei Wochen vor der amtlichen Statistik. Für die Importe gibt es zu diesem Zeitpunkt noch keine Daten, da diese nicht ausschließlich aus den Zolldaten generiert werden, wie etwa das Beispiel China zeigt: Etwa ein Drittel der Waren werde auch über den Binnenhandel gemeldet, hieß es.

Die Bedeutung der Exporte für die hiesige Wirtschaft zeigt sich an den Zahlen des ersten Quartals: Die starken Warenexporte „verhinderten, dass das Bruttoinlandsprodukt um mehr als die verkündeten 1,7% gegenüber dem Vorquartal gesunken ist“. Sie würden „weithin als Vorboten eines nahenden wirtschaftlichen Aufschwungs gesehen“, hieß es bei Destatis. Besonders stark fiel der März aus, als die Unternehmen trotz Lieferengpässen nominal betrachtet mehr Waren in alle Welt exportierten – und auch importierten – als je zuvor in einem Monat. China war laut Destatis „ohne Zweifel der Exportmotor“, zugleich aber auch wichtigster Warenlieferant. Die USA blieben wichtigster Absatzmarkt für deutsche Exporteure. Insgesamt erreichte der Außenhandel kalender- und saisonbereinigt fast das Vorkrisenniveau vom Schlussabschnitt 2019.

Die Aussichten für das stark exportorientierte verarbeitende Ge­werbe sind aber gut: Der Auftragsbestand stieg im März den zehnten Monat nacheinander. Laut Destatis kletterte er um 1,5% zum Vormonat, wobei die unerledigten Aufträge aus dem Inland um 1,9% und die aus dem Ausland um 1,2% stiegen. Damit sind die Orderbücher 8,3% dicker als im Februar 2020, vor Beginn des ersten Lockdowns.