Airbus

Allein geht es nicht

Der Flugzeugbauer hat zwar ehrgeizige und damit ehrbare Ziele, doch ganz von allein hat er sie sich nicht gesetzt. Vielmehr hat neben dem zunehmendem Einfluss der Flugscham-Bewegung auch der Druck von staatlicher Seite mit dazu beigetragen.

Allein geht es nicht

The world is a beautiful place“, lautet das neue Motto, das sich Airbus gerade statt „We make it fly“ auf die Fahnen geschrieben hat. Der neue Slogan erinnert an eine Kampagne von Lacoste, „Life is a beautiful sport“. Sportlich, das sind auch die Ziele von Airbus. Denn der europäische Flugzeugbauer will bereits 2035 sein erstes Wasserstoffflugzeug in den Dienst stellen. Bis dahin sind es zwar noch 14 Jahre, doch in der Luftfahrtindustrie ist das ein relativ kurzer Zeitraum für die Entwicklung eines komplett neuen Modells mit einer komplett neuen Technologie und den daran anschließenden Test- und Zulassungsverfahren. Da Wasserstoff selbst in flüssiger Form vom Volumen her viermal größer ist als Kerosin, müssen die Formen von Tanks, ihre Positionierung, die Form der Flugzeuge und die Triebwerke verändert werden.

Ob Airbus dieser Wettlauf gegen die Zeit gelingt, wird auch darüber entscheiden, ob und welche Rolle der Flugzeugbauer in einer nachhaltigeren Luftfahrt spielen kann. Einige Vertreter der Branche sind skeptisch, wie schnell sich der Wasserstoffantrieb tatsächlich auf die Schadstoffemissionen auswirken wird – zumal er für Langstreckenjets erst später als 2035 zur Verfügung stehen wird. Doch mit Zweifeln und Vorabkritik wird die Branche nicht vorankommen. Nur wenn sie sich selbst ehrgeizige Ziele setzt und Wagnisse eingeht, werden ihr die für eine tragfähige, umweltfreundlichere Zukunft notwendigen Technologiesprünge gelingen.

Ohne Hilfe wird das allerdings nicht möglich sein. Das zeigt das Beispiel von Airbus bereits jetzt. Denn der Flugzeugbauer hat zwar ehrgeizige und damit ehrbare Ziele, doch ganz von allein hat er sie sich nicht gesetzt. Vielmehr hat neben dem zunehmendem Einfluss der Flugscham-Bewegung auf die öffentliche Wahrnehmung der Branche auch der Druck von staatlicher Seite mit dazu beigetragen. Denn Frankreichs Regierung hat im Gegenzug zu dem 15 Mrd. Euro schweren Hilfsplan, den sie der heimischen Luft- und Raumfahrtindustrie wegen der Coronakrise im letzten Jahr versprochen hat, von Branchengrößen wie eben Airbus, Safran, Thales und Dassault Aviation verlangt, die Entwicklung eines neuen, umweltfreundlichen Flugzeugs voranzutreiben. Bis 2035 ein CO2-neutrales Flugzeug zu haben und bis 2035 den Wechsel zu Wasserstoffantrieb vorzubereiten, lautete die konkrete Vorgabe.

Die Luftfahrtbranche selbst hat gelobt, ihre CO2-Emissionen bis 2050 zu halbieren. Vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie stand sie für rund 2,4% der globalen Schadstoffemissionen. Doch 2050 als zeitliches Ziel ist viel zu spät. Denn selbst wenn all die bereits von verschiedenen Staaten gemachten Klimaschutz-Versprechen eingehalten werden, werden die CO2-Emissionen laut der letzten Einschätzung der Vereinten Nationen bis 2030 weltweit um 16% steigen. Bis Ende des Jahrhunderts wird der Klimaanstieg demnach 2,7 Grad betragen – und damit das 1,5-Grad-Ziel deutlich überschreiten.

Um das zu verhindern, muss die Luftfahrtindustrie genau wie andere Branchen ihre Bemühungen für mehr Nachhaltigkeit beschleunigen. Davon hängt letztendlich auch ihr Überleben ab. Dafür jedoch müssen alle – Hersteller, Zulieferer und Airlines – an einem Strang ziehen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Regierungen und Regulatoren müssen bei erforderlichen Infrastrukturen helfen und die rechtlichen Rahmen festlegen, die für die milliardenschweren Investitionen notwendig sind. Die Branche steht damit vor einer ähnlich großen Herausforderung wie die Pharmaindustrie bei der Entwicklung eines Covid-Impfstoffes. Der Handlungsbedarf ist genauso groß wie in der Pandemie, auch wenn die unmittelbare Bedrohung durch den Klimawandel auf den ersten Blick geringer erscheint.

Nur auf eine Lösung zu setzen kann sich dabei keiner leisten. Gefragt sind mehrere Ansätze, auch solche, die sich im Vergleich zu Wasserstoffflugzeugen relativ schnell umsetzen lassen. Airbus setzt deshalb auch auf nachhaltige Treibstoffe, die sogenannten SAF (Sustainable Aviation Fuels). Sind Flugzeuge bereits jetzt dafür zertifiziert, bei den Treibstoffen bis zu 50% SAF zu nutzen, sollen es bis Ende des Jahrzehnts 100% sein. Das Klimapaket der Europäischen Union enthält konkrete Vorgaben für die SAF-Beimischung, und die USA wollen kräftig in den Ausbau der Produktionskapazitäten investieren. Das wird auch Zeit, denn bisher stehen die nachhaltigen Treibstoffe nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. Gleichzeitig sind sie noch viel zu teuer. Es gibt also viel zu tun.

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