Madrid

Das Superwahl­jahr in Spanien startet feurig

Spaniens Unternehmer wehren sich gegen die zunehmenden Attacken der Linken, darunter auch führende Regierungsmitglieder. Dabei hat man sich lange Zeit so gut verstanden und wichtige Reformen einverständlich auf den Weg gebracht. Doch 2023 stehen eben auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene Wahlen an.

Das Superwahl­jahr in Spanien startet feurig

Die Stimmung zwischen der Linksregierung in Spanien und dem Unternehmerlager wird zunehmend schlechter. Im Grunde sollte man ja nicht unbedingt erwarten, dass sich die Arbeitgeber mit einer Koalition aus der sozialdemokratischen PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez und dem Linksbündnis Unidas Podemos, dem auch Mitglieder der Kommunistischen Partei angehören, besonders gut verstehen. Doch im ersten Jahr seit Amtsantritt der Regierung 2020 überraschten die Beteiligten mit einem äußerst flüssigen und konstruktiven Umgang. Eine Vielzahl von Eilmaßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie wurden einverständlich von Regierung, Arbeitgebern und Gewerkschaften auf den Weg gebracht und mit der Arbeitsmarktreform gelang ein großer Wurf. Doch mit der Harmonie zwischen Wirtschaftsbossen und der Koalition ist es seit einigen Monaten vorbei. Am Dienstag versetzten die Arbeitgeberverbände die Regierung und ließen einen Termin im Arbeitsministerium zum Gespräch über eine neuerliche Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns platzen. Als Grund gab der Dachverband der Unternehmer CEOE an, dass man kein offizielles Angebot von der Regierung erhalten habe. Davon mal abgesehen, sind die Arbeitgeber merklich verstimmt über die Kommentare der letzten Zeit aus dem Munde einiger Minister.

Vor Tagen eskalierte die verbale Auseinandersetzung. Auslöser waren die drastisch gestiegenen Preise für Lebensmittel und andere Artikel der Grundversorgung. Ione Belarra, Sozialministerin und Parteivorsitzende von Podemos, wetterte gegen die Supermarktketten und konkret gegen Juan Roig, den Eigentümer von Mercadona, dem Marktführer in Spanien. Dieser sei ein „unbarmherziger Kapitalist“, der sich auf Kosten der Menschen „die Taschen vollmacht“, so Belarra. Roig, einer der reichsten Menschen des Landes, entgegnete, dass die Unternehmer Reichtum und Wohlstand schafften, und warnte vor einer Konfrontation. Unterstützung erhielt der Mercadona-Chef, neben einigen linken Politikern, auch von den Gewerkschaften. Der Generalsekretär von UGT, Pepe Álvarez, verwies auf die für die Supermarktbranche recht guten Gehälter bei Mercadona. „Den Fokus ausgerechnet auf den zu richten, der am besten bezahlt, ist nicht der Weg, um auf ein existierendes Problem hinzuweisen“, sagte der Gewerkschaftsboss.

Da die Angriffe auf die Arbeitgeber zuletzt zugenommen haben, sah sich die CEOE letzte Woche zu dem ungewöhnlichen Schritt veranlasst, sich über ein Kommuniqué zur Wehr zu setzen. Der Verband beklagte eine „Hetzkampagne“ gegen die Unternehmer und Unternehmerinnen in Spanien, die „kurioserweise mit dem Beginn dieses Wahljahres an Schärfe zugenommen hat“. Im Mai finden landesweit Kommunalwahlen statt, wie auch in der Mehrheit der 16 autonomen Regionen. Zum Jahresende stehen nationale Parlamentswahlen an. Für Sánchez’ Sozialisten und seinen Koalitionspartner stehen die Zeichen in den Umfragen derzeit nicht auf Wiederwahl. Die Minister und Ministerinnen von Unidas Podemos scheinen daher darum bemüht, mit Attacken auf die Wirtschaft den Unmut in der Gesellschaft über die hohen Preise auszuschlachten. Doch auch der Ministerpräsident hält sich nicht immer vornehm zurück. Letztes Jahr griff er wegen der Kritik an der Sondersteuer für die Banken und die Übergewinne der Energiebranche sogar namentlich die Vorsitzende der Großbank Santander, Ana Botín, sowie Ignacio Sánchez-Galán vom Energieriesen Iberdrola an. Auf dem Weltwirtschaftsforum versuchte der Regierungschef die Wogen zu glätten und traf sich mit den Chefs der großen Ibex-Konzerne, wie Telefónica, Repsol, Naturgy oder BBVA. Auch Botín war dabei, doch Sánchez-Galán hatte in den Schweizer Bergen anderes zu tun, als den Ministerpräsidenten zu treffen.

Der Streit mit den Banken geht derweil in die nächste Runde. Die umstrittene Bankensteuer ist bereits in Kraft getreten, doch die Manager der Finanzbranche überlegen weiterhin, wie sie dagegen vorgehen und die Auswirkungen zumindest abmildern können. Das dürfte im Superwahljahr garantiert nicht unkommentiert bleiben. Die Kontroverse ist serviert.

                                                    (Börsen-Zeitung,