KommentarAMLA-Standort

Geduldsprobe zum Vorteil Frankfurts

Das Bewerbungsverfahren für die Anti-Geldwäsche-Behörde AMLA ist eröffnet. Schnell wird es ab jetzt trotzdem nicht gehen – was dem Bundesfinanzministerium helfen kann.

Geduldsprobe zum Vorteil Frankfurts

Geldwäschebehörde

Geduldsprobe hilft Frankfurt

Von Stefan Reccius

AMLA, go home. Go Vilnius": Schon vor Monaten warb Litauen auf digitalen Werbeflächen mitten im Europaviertel um die Gunst der Brüsseler Gesetzgeber, um die Anti-Geldwäsche-Behörde in die eigene Hauptstadt zu holen. Dublin hat sich das Werben um die AMLA ein XXL-Panorama in den Gängen des Brüsseler Flughafens kosten lassen.

Nicht nur die öffentliche Präsenz mancher Interessenten zeigt: Die Konkurrenz für Frankfurt im Kampf um die Anti-Money Laundering Authority (AMLA) ist groß, und sie legt sich mächtig ins Zeug. Paris, Madrid, Rom, Wien, Luxemburg: Die Liste an Wettbewerbern ist lang – und erst jetzt wird es ernst, indem die EU-Kommission den Bewerbungsprozess offiziell eröffnet.

Erst tut sich lange so gut wie nichts, dann geht es plötzlich schnell voran: Wer bei der AMLA auf diesen Ketchupflascheneffekt setzt, muss auf eine Ernüchterung gefasst sein. Der Rat der EU-Staaten scheint noch immer nicht bereit, den Europaparlamentariern jenes gebührende Maß an Mitsprache einzuräumen, das der Europäische Gerichtshof (EuGH) den selbstbewussten Abgeordneten zugestanden hat. Wer über den AMLA-Sitz entscheidet, ist ungeklärt.

Es läuft also weiterhin auf eine Geduldsprobe hinaus. Die könnte der Frankfurter Bewerbung durchaus zum Vorteil gereichen. Denn während der Frühstarter Vilnius offensiv mit seinem anerkannt niedrigen Geldwäscherisiko wirbt ("A squeaky clean home"), hat Deutschland in dieser Hinsicht Nachholbedarf.

Defizite bescheinigt der Bundesrepublik beispielsweise die international angesehene Financial Action Task Force. Das Kürzel FATF hat sich deswegen nicht durch Zufall in den Kriterienkatalog für die Standortsuche geschlichen. Es ist, wie in Brüssel zu vernehmen ist, auf Betreiben von interessierter Seite in die Ausschreibung gelangt.

Deutschland bekommt im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung schlechtere Noten als andere AMLA-Interessenten wie Frankreich, Spanien und Italien, die mit Paris, Madrid und Rom ins Rennen gehen. Dass die deutsche Financial Intelligence Unit (FIU) offenbar vorne und hinten nicht hinterherkommt und sich Verdachtsmeldungen stapeln, wird auch nicht gerade Eindruck bei der AMLA-Jury machen.

Besser macht sich in der Bewerbungsmappe des Finanzministeriums sicherlich der Hinweis auf das Bundesfinanzkriminalamt. Geht es wie geplant 2024 an den Start, lässt sich das als womöglich entscheidendes Argument im Rennen um die AMLA verkaufen.

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