Regulierung

Immobilien­finanzierung ist Zankapfel bei Basel III

Im Prozess zur EU-Bankenregulierung sollen Erleichterungen bei Immobilienkrediten für eine Übergangszeit nochmals beschnitten werden. Die Bankenverbände laufen Sturm. Andere Finanzierer frohlocken.

Immobilien­finanzierung ist Zankapfel bei Basel III

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Angesichts der höheren Eigenkapitalanforderungen durch die in Arbeit befindliche Basel-III-Regulierung hat die EU-Kommission Handlungsbedarf unter anderem für das Geschäft mit Immobilienfinanzierungen er­kannt. Bei diesen Krediten ist der größte Teil der prognostizierten zusätzlichen Kapitalanforderungen nach Branchenschätzungen auf den Output Floor zurückzuführen, der eine Untergrenze für das vorzuhaltende Kapital darstellen soll.

Das Researchhaus Copenhagen Economics kommt zu dem Ergebnis, dass die Eigenkapitalanforderungen für die EU-Hypothekenportfolios um schätzungsweise 18% gegenüber Ende 2020 steigen werden. Dies entspricht 22 Mrd. Euro an zusätzlichem Kapital. Die vollständige Wiederherstellung der Kapitalquoten auf das Niveau vor dem Paket würde weitere 17 Mrd. Euro erfordern.

In der Diskussion in Brüssel geht es um Erleichterungen für eine Übergangszeit. Diese werden bei Immobilien in der Branche auch deshalb als sinnvoll angesehen, weil man von einem stabilen Immobilienmarkt ausgeht. Das sieht die BaFin anders, die unabhängig vom Basel-III-Prozess Ende März einen Kapitalpuffer für systemische Risiken in Höhe von 2% für Wohnimmobilienfinanzierungen angeordnet hat. Sie bezieht sich dabei auf die Bundesbank, die von „ausgesprochen“ hohen Preissteigerungsraten in dem Segment und Überbewertungen in Höhe von 20% bis 35% spricht.

Ungeachtet der Markteinschätzung hatte der EU-Vorschlag zur Vollendung von Basel III vorgesehen, dass bestimmte Positionen wie Wohnimmobilienkredite befristet zur Hälfte angesetzt werden dürfen. Ein besicherter Immobilienkredit würde bei den risikogewichteten Aktiva demnach mit 10% angesetzt werden. Allerdings sollte es die Übergangsregelungen nur für Banken geben, die ein internes Modell anwenden, das durch den neuen Output Floor begrenzt wird. Da mittlere und kleinere Banken typischerweise den Standardansatz nutzen, fordern etwa die Genossenschaftsbanken, dass diese Möglichkeit allen Banken eingeräumt wird. Die Lobbyverbände würden sich generell wünschen, dass der temporäre Charakter der Übergangsregelungen wegfällt.

In der Diskussion sind auch Immobilienfinanzierungen von vermieteten Objekten wie Bürogebäude und Lagerhallen. Diese können behandelt werden wie Wohnimmobilien, wenn das Mitgliedsland mit dem „hard test“ nachweist, dass bei Verlusten in dem nationalen Immobilienmarkt bestimmte Schwellenwerte nicht überschritten werden. Dieser Test wird bereits heute in der CRR gefordert und in Deutschland von der BaFin überwacht.

Scharfe Ablehnung der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Ausnahmeregelungen kam von der EZB, die kundtat, dass der CRR-III-Vorschlag das Risiko von Immobilienkrediten und nicht gerateten Unternehmenskrediten unterschätze. „Die EZB rät daher, alle Lücken zwischen den EU-Vorschriften und den ursprünglichen Basel-III-Standards zu beseitigen“, so Frank Elderson, Mitglied des EZB-Direktoriums, in einer Stellungnahme Ende April.

Übergangsregeln nun fraglich

Mit dem mittlerweile vorgelegten Entwurf eines Berichts des EU-Parlaments ist von den – als nicht ausreichend kritisierten – Erleichterungen so nicht mehr die Rede. „Der Entwurf fordert, dass die vergünstigenden Übergangsregelungen für Wohnimmobilien an die Energieeffizienz der finanzierten Immobilie geknüpft werden“, fasst Thilo Kasprowicz von KPMG zusammen.

Nach Ansicht des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) stellt der Entwurf des EU-Parlaments, den der Berichterstatter Jonás Fernández vorgelegt hat, „eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem ur­sprünglichen Umsetzungsvorschlag von Basel III dar“. Der Branchenverband sieht die Übergangserleichterungen infrage gestellt und fordert: „Für eine Wohnraumoffensive braucht die Immobilienwirtschaft mehr Finanzierungsmöglichkeiten statt zusätzlicher Einschränkungen“, so ZIA-Vizepräsident Jochen Schenk. Die Regelungen aus Basel III würden Immobilienfinanzierungen zusätzlich verteuern, und der Verband spricht davon, dass es darum gehe, „eine künstliche Kreditklemme zu verhindern“. Das Trommeln der Verbände geht also weiter, genauso wie der Prozess in Brüssel. Der Berichtsentwurf wird nun im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Parlaments (Econ) diskutiert. Eine Positionierung des EU-Parlaments wird frühestens im Herbst erwartet.

Während die Banken klagen, reiben sich andere Akteure in der Finanzbranche die Hände. Aus Sicht des Assetmanagers PGIM wird Basel III bei Immobilienkrediten die Märkte verändern. Dies eröffne institutionellen Immobilieninvestoren ein gewaltiges Marktpotenzial. Henri Vuong von PGIM Real Estate rechnet mit einer Kapitallücke von insgesamt 125 Mrd. Euro bei Banken. Als Reaktion auf die erhöhten Anforderungen würden die Banken die Kreditvergabe vermutlich einschränken, um die Kapitallücke zu schließen. Bei einem europäischen Markt für gewerbliche Immobilienkredite von 1,8 Bill. Euro und einem Anstieg des Marktanteils von 10% auf 25% der Nichtbanken ergibt sich laut PGIM eine potenzielle Marktgröße für Nichtbanken von 450 Mrd. Euro für Europa, was einen Anstieg um 270 Mrd. Euro bedeutet. Das zeigt, wie groß der Kuchen bei Immobilienfinanzierungen ist. Die Frage wird in den nächsten Jahren sein, wie die Stücke verteilt werden.

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