Kooperation

Sparkassen-Finanzgruppe treibt Konsolidierung voran

In der Sparkassen-Finanzgruppe ist ein Zentralinstitut vorerst nicht in Sicht. Das Projekt pausiert. Derweil treiben Landesbanken Kooperationen und Arbeitsteilungen voran. Außerdem fusionieren mehrere Landesbausparkassen.

Sparkassen-Finanzgruppe treibt Konsolidierung voran

Vom ganz großen Wurf, der Verschmelzung von Landesbanken und Deka bis hin zu einem Sparkassen-Zentralinstitut, ist die S-Finanzgruppe noch weit entfernt. Fraglich ist, ob er je gelingt. Doch auf tieferen Ebenen der Landesbanken sowie bei Verbundunternehmen und Sparkassen ist einiges in Bewegung. Getreu der Devise, dass jeder kleine Konsolidierungsschritt besser ist als keiner, sind Arbeitsteilung und Kooperationen, aber auch Fusionen, etwa zwischen Landesbausparkassen, zunehmend zu beobachten und werden von vielen Vertretern der Finanzgruppe propagiert und vorangetrieben.

Das gilt umso mehr, seit der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Helmut Schleweis, im Juli 2020 erklärte, bezüglich eines Sparkassen-Zentralinstituts die Pausentaste gedrückt zu haben. Ein knappes halbes Jahr zuvor hatten DekaBank und Helaba als potenzieller Nukleus eines solchen Spitzeninstituts Gespräche über eine vertiefte Kooperation aufgenommen – bis hin zur möglichen Fusion, wie es hieß.

Hatte Schleweis anfangs die Corona-Pandemie als Grund für das Pausieren ins Feld geführt, so schob er später hinterher, dass das Vorhaben auf Widerstand in Teilen der Finanzgruppe stoße. Vorbehalte bestehen bekanntlich besonders im Süden Deutschlands. Am Ziel hält Schleweis nach wie vor fest, die Frage ist, wie es erreicht wird. Die Gruppe hat er jedenfalls auf einen langen Weg eingeschworen.

Schritt für Schritt

Arbeitsteilung zwischen Landesbanken und Kompetenzbündelung betrachtet Schleweis dabei als einen potenziellen Zwischenschritt auf dem Weg zum Zentralinstitut. „Bis es Konsens gibt, ist jeder Schritt gut, der in diese Richtung geht – beispielsweise Kooperationen zwischen den Landesbanken“, heißt es aktuell vom DSGV auf Anfrage. Den Vorschlag, zur besseren Begleitung der deutschen Unternehmen ein einziges Spitzeninstitut zu schaffen, halte man nach wie vor für richtig. „Aber darüber müssen die Eigentümer der Landesbanken entscheiden, und das sind neben den Sparkassen auch die jeweiligen Bundesländer.“

Genau das, nämlich ob Politik und Sparkassen einen gemeinsamen Weg finden, sei die entscheidende Frage, sagt ein Sparkassen-Experte, der ungenannt bleiben will. Er glaubt, dass eine Krise eine Konsolidierung unter den Landesbanken anschieben könnte, so wie es in der Vergangenheit meist der Fall war. Bei der WestLB etwa, die sich in der Finanzkrise verhoben hatte und deren Verbundgeschäft in Nordrhein-Westfalen und auch in Brandenburg von der Helaba übernommen wurde. Hohe Inflation, steigende Risikovorsorge angesichts des Wirtschaftsabschwungs und starker Wettbewerbsdruck, auch zwischen Landesbanken, könnten eine Krisensituation bald herbeibeschwören, gibt der Experte zu bedenken. Unter solchen Bedingungen könne die Politik Druck ausüben, konsolidierende Schritte zu unternehmen.

Der jüngste Fall von Kompetenzbündelung innerhalb der Finanzgruppe betrifft die Helaba, die vergangene Woche erklärte, dass die Nord/LB zum Jahresende ihr Neugeschäft im dokumentären Auslandsgeschäft für Sparkassen einstellen wird und empfiehlt, dies künftig von der Helaba erledigen zu lassen. Im vergangenen Jahr waren Helaba und LBBW übereingekommen, in Frankfurt das dokumentäre Auslands­geschäft und den Auslands­zahlungs­verkehr für Sparkassen und deren Kunden zu konzentrieren. Auch das Sorten- und Edelmetallgeschäft geht von der LBBW zur Helaba über. Die LBBW ist wiederum federführend im Zins-, Währungs- und Rohstoffmanagement (ZWRM). Hatte sie zuvor mit BayernLB und HCOB, der früheren Landesbank HSH Nordbank, vereinbart, das ZWRM-Geschäft für Sparkassenkunden zu übernehmen, so kam nun noch die Helaba hinzu. Von den Frankfurtern übernimmt sie zudem das Verwahrstellengeschäft für Spezial- und Publikumsfonds. Weitere Abkommen dieser Art sind in der Gruppe zu erwarten.

Drei Bausparkassen weniger

Besonders rege Konsolidierungsbemühungen sind derweil bei den noch acht Landesbausparkassen zu erleben. Der längst angekündigte Zusammenschluss von LBS West in Münster und LBS Nord in Hannover zur LBS Nordwest ist nur noch eine Frage der Zeit. 2023 soll es so weit sein. Darüber hinaus haben LBS Südwest und LBS Bayern Fusionswillen bekundet, und auch bei LBS Ost und LBS Schleswig-Holstein-Hamburg bahnt sich eine Verschmelzung an.

Bei den neun öffentlichen Versicherungsgruppen tat sich zuletzt 2020 etwas, als sich Provinzial Nordwest und Provinzial Rheinland im fünften Versuch zur Fusion durchrangen. In der S-Finanzgruppe sieht so mancher Potenzial für weitere Schritte und schielt auf den genossenschaftlichen Verbund, der mit einer Versicherung (R+V), einer Bausparkasse (Schwäbisch Hall) und einem Spitzeninstitut (DZ Bank) auskommt. Freilich sind dort die Eigentumsverhältnisse unkomplizierter als in der Sparkassenwelt, wo öffentliche Träger wie Kommunen und Bundesländer stets ein Wörtchen mitreden.

Veränderungen stehen auch bei der Landesbank Berlin Holding (LBBH) an. Die frühere Muttergesellschaft der Berlin Hyp ist seit dem Verkauf des Immobilienfinanzierers durch den DSGV an die LBBW Ende Juni nur noch für die Landesbank Berlin/Berliner Sparkasse und kleinere Beteiligungen zuständig. Schließlich hatte die Sparkassen-Finanzgruppe im August 2021 nicht nur die Veräußerung der Berlin Hyp angekündigt, sondern auch die Überprüfung des Fortbestehens der über komplizierte Beteiligungsstrukturen in ihrem Eigentum befindlichen LBBH. Die Sparkasse stehe jedoch nicht zum Verkauf, hatte der DSGV bekundet. Mit einer möglichen Auflösung der Holdingstruktur will der DSGV regulatorische Kosten sparen. Wie es mit der Holding nun weitergeht, kann ein Sparkassensprecher noch nicht sagen. Nur so viel: „Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Thema, wie man diese Struktur vereinfachen kann, und klären die rechtlichen, strukturellen und regulatorischen Voraussetzungen.“

Die Berliner Sparkasse, mit einer Bilanzsumme von 55 Mrd. Euro nach der Hamburger Sparkasse die größte der Republik, konzentriert sich derweil darauf, bis 2025 Kosten drastisch zu senken und Erträge zu steigern, und besinnt sich auf ihre Rolle als reine Hauptstadtsparkasse. Dass sie die Landesbank im Doppelnamen führt, hat längst keinen operativen Hintergrund mehr. Zu der seit Längerem angedachten Verschmelzung des Markt­folgedienstleisters S-Servicepartner Berlin auf S-Servicepartner Deutschland und zum Verkauf von Anteilen am Autofinanzierer S-Kreditpartner, die beide unter dem Dach der Holding stehen, will der Sprecher nur sagen, dass dies weiterhin beabsichtigt sei. Dass S-Kreditpartner an die Deutsche Leasing geht, liegt nahe, da diese schon ein Drittel der Anteile hält.

Neun Sparkassen-Fusionen

Auf Ebene der Primärinstitute ist in den vergangenen zehn Jahren die bundesweite Zahl der Sparkassen um 62 auf nun 361 geschrumpft (s. Grafik), im Schnitt verschwanden also jedes Jahr sechs Institute. In diesem Jahr waren es mit neun überdurchschnittlich viele. Als Fusionstreiber nennt der DSGV nach wie vor „weit überwiegend“ die wachsende Zahl regulatorischer Anforderungen. Mit einer künftigen Fusionsbeschleunigung angesichts der Preisexplosion und der drohenden Rezession rechne der Verband dennoch nicht, sagt ein Sprecher. „Natürlich steigen auch bei uns die Kosten, insbesondere wegen der hohen Energiepreise. Die Sparkassen können das aber verkraften.“

Für 2023 liegen dem DSGV zwei Fusionsvorhaben vor: zum 1. Januar zwischen Sparkasse SoestWerl und Sparkasse Lippstadt zur Sparkasse Hellweg-Lippe und zum 1. April zwischen Sparkasse Paderborn-Detmold, Sparkasse Höxter und Stadtsparkasse Delbrück zur Sparkasse Paderborn-Detmold-Höxter. Zudem haben am Donnerstag die Sparkasse Allgäu und die Kreis- und Stadtsparkasse Kaufbeuren angekündigt, nächstes Jahr fusionieren zu wollen.

Von Tobias Fischer, Frankfurt

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