Übernahmestreit um Twitter

Thriller ohne Helden

Der Thriller um die mögliche Twitter-Übernahme durch Elon Musk steuert auf einen dramatischen Showdown zu. Helden, mit denen der Zuschauer fiebern kann, sind dabei Mangelware.

Thriller ohne Helden

Im Thriller um die mögliche Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter durch Elon Musk folgt eine spannende Wendung auf die andere. Doch die filmreife Auseinandersetzung bietet dem Zuschauer keine Helden, mit denen er fiebern kann – nur Bösewichte, die ihre düsteren Pläne gegenseitig zu durchkreuzen suchen.

Musk gebührt die Gunst des Publikums jedenfalls nicht. Der Tech-Unternehmer verkündete Anfang Juli seinen Rücktritt von der Vereinbarung zum Kauf von Twitter für 44 Mrd. Dollar und berief sich dabei darauf, dass es auf der Plattform deutlich mehr Fake-Accounts gebe als vom Unternehmen behauptet.

Allerdings muss Musk sich weiterhin fragen lassen, ob er seine ursprüngliche Twitter-Beteiligung rechtzeitig offengelegt hat. Der Tesla-Chef hat sich wohl bereits Mitte März mehr als 5 % der Anteile an dem Kurznachrichtendienst gesichert, die Käufe aber erst Anfang April offengelegt. Somit konnte er seine Position in der Zwischenzeit zu günstigen Konditionen ausbauen, bevor der Kurs auf sein Engagement hin anzog. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Musk mit dem Vorwurf der Marktmanipulation konfrontiert sieht.

Die Argumente für seinen Rücktritt von der Übernahme riechen weiter nach den Vorwänden eines Mannes, der sich verspekuliert hat. Doch erhält er im Streit mit dem Twitter-Management, das Musk vor Gericht zum Vollzug des Deals zwingen will, nun Munition. So hat der ehemalige Sicherheitschef des Konzerns, Peiter Zatko, bei den US-Aufsichtsbehörden Be­schwerde eingereicht und Twitter gravierende Mängel im Datenschutz und bei der Cybersecurity vorgeworfen. Manager, darunter auch CEO Parag Agrawal, hätten Zahlen zur Häufigkeit von Spam auf der Plattform geschönt – damit schlägt der Whistleblower in die gleiche Kerbe wie Musk.

Twitter erwidert, Zatkos Be­schwerde stecke voller Ungereimtheiten und Ungenauigkeiten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Gehalt der Vorwürfe nicht seriös zu bewerten – doch zumindest in der Vergangenheit hat sich der Social-Media-Konzern in Bezug auf Cybersicherheitsfragen nicht mit Ruhm bekleckert. So holte Twitter Zatko 2020 überhaupt erst als Sicherheitschef, nachdem Hacker Accounts von Prominenten und Unternehmen geknackt und für Bitcoin-Betrugsversuche missbraucht hatten. CEO Agrawal, der in der Vergangenheit unter anderem mit fragwürdigen Aussagen zur Meinungsfreiheit auf sich aufmerksam machte, war damals Technologiechef. Auch er taugt nicht als Held in einem Thriller, der auf einen dramatischen Showdown zusteuert.

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