Corona-Impfstoff

Dramatischer Rückschlag für Curevac

Im Rennen um die Markteinführung eines weiteren hochwirksamen Corona-Impfstoffs hat die Tübinger Biopharmafirma Curevac einen Rückschlag erlitten. Ihr Serum ist deutlich weniger wirksam als erhofft. Der Kurs gibt stark nach.

Dramatischer Rückschlag für Curevac

Rückschlag für einen Hoffnungsträger der Impfkampagne in Deutschland: Im Rennen um die Markteinführung eines weiteren hochwirksamen Corona-Impfstoffs hat die Tübinger Biopharmafirma Curevac einen empfindlichen Dämpfer publik gemacht. Das Unternehmen musste am späten Mittwochabend in einer Pflichtbörsenmitteilung einräumen, dass der eigene Impfstoffkandidat CVnCoV in einer Zwischenanalyse nur eine vorläufige Wirksamkeit von 47% gegen eine Corona-Erkrankung „jeglichen Schweregrades“ erzielt habe. Damit habe er die vorgegebenen statistischen Erfolgskriterien nicht erfüllt. Die Aktien brachen in der Spitze um 52,4% auf 39,10 Euro ein und waren damit so billig wie seit fast neun Monaten nicht mehr.

Der Curevac-Impfstoffkandidat befindet sich schon seit Dezember – also seit rund einem halben Jahr – in der finalen und damit zulassungsrelevanten 2b/3-Studienphase. Während zahlreiche Konkurrenten ihre Vakzine längst auf den Markt gebracht haben, sammelt Curevac nach wie vor Daten. Ob Curevac nun überhaupt absehbar – und wenn, wann – liefern kann, bleibt vorerst unklar.

Die Bundesregierung hatte den Curevac-Impfstoff Berichten zufolge lange für die zweite Jahreshälfte eingeplant, auf der jüngst vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlichten Liste der Impfstoff-Lieferplanungen fehlte das Unternehmen aber bereits. Zuletzt hatte die Plattform „Business Insider“ berichtet, es habe noch Ende Mai in internen Lieferprognosen der Bundesregierung geheißen, dass von Curevac bis Jahresende eine zweistellige Millionenmenge an Impfstoffdosen erwartet werde.

Angesichts der massiven Zeitverzögerung hatte die Firma zuletzt nicht nur ihre Aktionäre immer wieder vertröstet. Bis Anfang Juni hatte es geheißen, das Unternehmen erwarte – abhängig von den klinischen Studiendaten – die Zulassung seines Impfstoffkandidaten in der EU zumindest noch im zweiten Quartal. Doch kurz darauf wurde bekannt, dass sich das Verfahren weiter verzögern werde. Zuletzt war darüber spekuliert worden, der Curevac-Impfstoff könne möglicherweise im August in der EU zugelassen werden. Auch diese Aussichten könnten sich nach Bekanntwerden der neuen Daten erledigt haben.

Der Einstieg des deutschen Staates bei dem nun mit der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs vorläufig gescheiterten Tübinger Biotechunternehmen Curevac sorgt für Kritik. „Der Fall Curevac zeigt wieder einmal, dass Politiker keineswegs die besseren Investoren sind“, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. „Der Staat ist ohne Not in das Unternehmen eingestiegen, das ja im letzten Frühjahr auch genügend private Investoren gefunden hatte. Auch diese verlieren jetzt Geld, aber es ist ihr eigenes, nicht das der Steuerzahler.“Der Bund hält über die Förderbank rund 16% an Curevac, größter Investor ist der SAP-Gründer Dietmar Hopp mit fast 47%. Felbermayr hatte bereits nach dem Staatseinstieg vor rund einem Jahr die Entscheidung scharf kritisiert.

Zur Frage, wie es mit dem bisherigen Impfstoffkandidaten nun weitergehen soll, äußerte sich Curevac in der Mitteilung nicht im Detail. Allerdings lud das Unternehmen „interessierte Parteien“ für Donnerstag (14 Uhr) zu einer Telefonkonferenz ein.

Curevac-Vorstandschef Franz-Werner Haas teilte mit, man habe auf stärkere Ergebnisse in der Zwischenanalyse gehofft. Man wolle die laufende Studie aber dennoch bis zur finalen Analyse fortsetzen. „Die endgültige Wirksamkeit könnte sich noch verändern.“ SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach schrieb auf Twitter: „Schade, das Team aus Tübingen hätte Erfolg verdient gehabt.“

Der Impfstoffkandidat der Tübinger basiert – ebenso wie beispielsweise das bereits länger in der EU zugelassene Vakzin des Mainzer Konkurrenten Biontech – auf sogenannter „messenger RNA“ (Boten-RNA) und unterscheidet sich damit von herkömmlichen Vektorimpfstoffen wie etwa jenem von Astrazeneca. Doch anders als bei Biontech oder auch beim US-Konkurrenten Moderna lässt die Wirksamkeit des Curevac-Impfstoffs offenbar deutlich zu wünschen übrig.

Die Firma teilte mit, dass die Wirksamkeit des Impfstoffkandidaten von der untersuchten Altersgruppe und den Virusstämmen abhänge. In die Analyse sei die Wirksamkeit gegen mindestens 13 Covid-Varianten eingegangen. Der Epidemiologie Lauterbach folgerte aus den von Curevac bekanntgegebenen Daten: „Verschiedene Varianten waren betroffen. Damit dürfte die Wirkung gegen die Delta-Variante alleine noch niedriger sein.“ Nach Ansicht vieler Virologen ist diese zuerst in Indien bekanntgewordene Virus-Variante deutlich ansteckender und verursacht schwerere Krankheitsverläufe.

Curevac hatte sich im vergangenen Jahr über einen Börsengang in New York sowie mehrmals über Kapitalerhöhungen frisches Geld verschafft und zudem eine Partnerschaft mit dem Leverkusener Pharmariesen Bayer vereinbart. Wacker Chemie hat eine Vereinbarung mit Curevac für eine Auftragsproduktion des Impfstoffes.

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