Geldpolitik

EZB fährt Anleihekäufe zurück

In der Woche der Notenbanken überschlagen sich die Ereignisse: Die EZB kauft im neuen Jahr weniger Anleihen und erhöht ihre Inflationsprojektionen deutlich. Die Bank of England hebt als erste große Zentralbank den Leitzins an.

EZB fährt Anleihekäufe zurück

Die großen Zentralbanken straffen vor dem Hintergrund der hartnäckig hohen Inflation ihre Geldpolitik – allerdings in durchaus unterschiedlichem Ausmaß. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beschloss am Donnerstag, die Anleihekäufe im kommenden Jahr zurückzufahren. Die Nettoanleihekäufe unter dem 1,85 Bill. Euro umfassenden Corona-Notfallprogramm PEPP sollen Ende März planmäßig auslaufen. Dafür stockt die EZB allerdings die Käufe im Rahmen des parallelen Anleihekaufprogramms APP auf – im zweiten Quartal 2022 vorübergehend von zurzeit 20 auf 40 Mrd. Euro pro Monat und im dritten Quartal auf 30 Mrd. Euro. Danach sollen es auf aktuell unbestimmte Zeit weiter 20 Mrd. Euro sein. Auch das PEPP kann sie bei Bedarf reaktivieren. Ihre Inflationsprojektionen hat die EZB deutlich erhöht. Trotzdem scheinen Zinserhöhungen auf absehbare Zeit nicht auf der Agenda.

Deutlich weiter ging da am Donnerstag die Bank of England: Die Währungshüter hoben den Leitzins um 15 Basispunkte auf 0,25 % an. Die Bank of England prescht damit überraschend als erste führende Notenbank eines G7-Landes mit einer Zinserhöhung vor.

Die Entscheidungen von EZB und Bank of England kommen nur einen Tag, nachdem die US-Notenbank Fed am Mittwochabend deutscher Zeit beschlossen hatte, ihren Ausstieg aus dem Corona-Krisenmodus deutlich zu beschleunigen. Sie reagierte damit auf die hartnäckig hohe Inflation in den USA und den auch in der Notenbank zunehmenden Sorgen, dass sich die erhöhte Teuerung verfestigt. Auch im Euroraum hat die Inflation stärker als erwartet zugelegt, wenn auch nicht ganz so stark wie in den USA.

Mit Spannung hatten Marktteilnehmer und Beobachter die neuen Inflationsprojektionen des EZB-Stabs erwartet. Diese sind laut EZB-Chefin Christine Lagarde nun „signifikant höher“ als im Herbst: 2021 erwartet die EZB durchschnittlich 2,6%, 2022 im Schnitt 3,2%. 2023 und 2024 ist demnach mit Teuerungsraten von 1,8% zu rechnen. Es ist die erste Projektion für 2024. Die EZB peilt mittelfristig 2% an.

Mehrere Notenbanker in Euroland einschließlich EZB-Chefin Lagarde hatten die Erwartungen im Vorfeld des Zinsentscheids gedämpft. Wegen der von der Omikron ausgehenden Unsicherheit müsse man sich mit weitreichenden Entscheidungen möglicherweise bis ins neue Jahr Zeit lassen, so die Botschaft. Lagarde verkündete nun eine schrittweise Rückführung der Anleihekäufe. Dem Fahrplan zufolge drosselt die EZB im ersten Quartal die Nettokäufe unter dem Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) und lässt diese ab April ruhen. Dafür kaufen EZB und nationale Notenbanken vorübergehend mehr Anleihen via Asset Purchase Programme (APP): Netto sollen es im zweiten Quartal 40 Mrd. Euro und im dritten Quartal 30 Mrd. Euro sein, danach wie bisher 20 Mrd. Euro. Außerdem hat der EZB-Rat die Reinvestitionsphase unter dem PEPP verlängert: Frei werdende Mittel aus auslaufenden Anleihen sollen nun bis Ende 2024 wiederangelegt werden. Vom Gesamtvolumen des PEPP von 1,85 Bill. Euro sind derzeit etwas mehr als 200 Mrd. Euro übrig.

Mit Spannung hatten Marktteilnehmer und Beobachter die neuen Inflationsprojektionen des EZB-Stabs erwartet. Diese sind laut Lagarde nun „signifikant höher“ als im Herbst: 2021 erwartet die EZB durchschnittlich 2,6%, 2022 im Schnitt 3,2%. 2023 und 2024 ist demnach mit Teuerungsraten von 1,8% zu rechnen. Es ist die erste Projektion für 2024. Die EZB peilt mittelfristig 2% an.

Bereits am Mittwochabend hatte die Fed konkret beschlossen, ihre billionenschweren Anleihekäufe schneller zurückzufahren, als sie dies erst Anfang November verkündet hatte. Im nächsten Jahr will sie das Tempo dieses Tapering von aktuell 15 Mrd. Dollar auf 30 Mrd. Dollar verdoppeln, so dass die Anleihekäufe bereits im März und nicht erst Mitte 2022 enden. In der Coronakrise hatte die Fed begonnen, für 120 Mrd. Dollar pro Monat Staatsanleihen und Hypothekenpapiere zu kaufen.

Mit einem schnelleren Ende dieser Käufe ebnet die Fed auch den Weg für frühere und stärkere Zinserhöhungen. Tatsächlich erwarten die US-Notenbanker selbst im Mittel nun drei Zinserhöhungen um jeweils 25 Basispunkte im nächsten Jahr. Im September war dagegen noch umstritten, ob es 2022 überhaupt eine Anhebung gibt. Der US-Leitzins liegt aktuell in der Spanne von 0 % bis 0,25 %. Für 2023 und 2024 sagen sie nun drei sowie zwei weitere Zinserhöhungen voraus. 

„Der überraschend massive Anstieg der Inflation hat die Fed zu einer Kehrtwende veranlasst“, erklärten die Commerzbank-Volkswirte Bernd Weidensteiner und Christoph Balz zur Fed-Entscheidung. „Die Meinung, dass die Inflation vor allem auf transitorische Effekte zurückzuführen war und daher 2022 rasch wieder nachlassen würde, war nicht länger zu halten. Um die Kontrolle über die Preisentwicklung nicht zu verlieren, ist ein rasches Ende des monetären Gasgebens nötig.“

Im November war die US-Verbraucherpreisinflation auf 6,8 % hochgeschnellt – der höchste Stand seit 39 Jahren. Der Preisdruck erreicht dabei zunehmend auch die breite Wirtschaft. Die Kernrate ohne die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise lag zuletzt auch schon bei 4,9 %.