Medienbranche

Die harte Hand von Thomas Rabe

Der Bertelsmann-Chef lässt sich nicht von seinem Ziel abbringen, mit RTL und Gruner + Jahr einen nationalen Champion zu schaffen. Gegen seine Pläne, Stellen zu streichen, gibt es viel Widerstand.

Die harte Hand von Thomas Rabe

Von Joachim Herr, München

Thomas Rabe sammelt einen zusätzlichen Job nach dem anderen und erweitert stetig sein Aufgabengebiet. Der Vorstandsvorsitzende von Bertelsmann leitet auch das Tochterunternehmen RTL Group sowie RTL Deutschland. Seit 2020 ist er zudem Aufsichtsratsvorsitzender von Adidas. Spätestens seit dieser Woche ist der 57 Jahre alte Manager wohl auch der unbeliebtste Mitarbeiter von RTL und Gruner + Jahr.

Grund sind die Pläne, einen Teil der Zeitschriften des von RTL übernommenen traditionsreichen Verlags Gruner + Jahr einzustellen, etwa „Geo Wissen“ und „Brigitte Woman“, oder zu verkaufen, zum Beispiel die Beteiligung an „Landlust“ und „Essen & Trinken“. Rund 500 Arbeitsplätze werden gestrichen, 200 der 1900 Vollzeitstellen sollen mit dem Verkauf von Titeln wegfallen. Auch für RTL kündigte Rabe einen Stellenabbau in Köln an.

Seit der Übernahme von Gruner + Jahr Anfang 2022 verfolgt er das Ziel, mit dem Zusammenschluss mit RTL Synergien zu heben. Im Sommer 2021 hatte Rabe von einem angestrebten Effekt auf das Ergebnis von 100 Mill. Euro gesprochen. Jetzt ist noch von etwa 75 Mill. Euro die Rede. Vor eineinhalb Jahren hatte der Bertelsmann-Chef zudem verkündet: „Wir bauen nicht Mitarbeiter ab, sondern da, wo erforderlich, auf.“

Nun kommt es anders. In Hamburg protestierten enttäuschte und wütende Mitarbeiter von Gruner + Jahr nach der Bekanntgabe der Pläne. „Rabenvater“ war auf einem Plakat unter Rabes Konterfei zu lesen. In der ARD-Tagesschau klagte eine Redakteurin von Gruner + Jahr: „In einer Kette von Managementfehlentscheidungen ist das der größte Fehler, denn damit ist dieser Verlag Geschichte.“

Die Gewerkschaft Verdi wirft Rabe eine Zerschlagung vor – wegen „der Unfähigkeit, ein profitables und europaweit beachtetes Zeitschriftenhaus in die digitale Transformation zu überführen“. Mitarbeiter des Verlags sammelten Unterschriften gegen den Abbau und überreichten die Liste dem Hamburger Senat.

Rabe will sich trotz aller Widerstände offenbar nicht von seinem Ziel abbringen lassen, einen „crossmedialen nationalen Champion“ zu schaffen. Dabei kommt er mit seiner Strategie, Spitzenunternehmen in den Medienlandschaften zu bilden, bisher nicht voran. Sowohl in Frankreich als auch in den Niederlanden scheiterte Rabe mit dem Vorhaben, Sender der RTL-Gruppe mit einem Partner zusammenzuschließen. Den Wettbewerbsbehörden genügten die angebotenen Zugeständnisse nicht.

Dennoch bekräftigte der Bertelsmann- und RTL-Chef erst in der vergangenen Woche seine Meinung, eine Konsolidierung auf den europäischen Fernsehmärkten sei notwendig, um weiter expandierenden Konzernen wie Amazon, Google und Netflix Paroli zu bieten. Mit diesem Argument wirbt er immer wieder auch für die Idee, RTL Deutschland mit ProSiebenSat.1 zu fusionieren. Doch dafür dürften die Hürden des Medienstaatsvertrags und des Kartellrechts viel zu hoch sein.

Ohnehin ist Rabe seit einiger Zeit mit der Integration von Gruner + Jahr gut beschäftigt und muss sich nun auch mit starkem Widerstand auseinandersetzen. Etwas entspannt hat sich für ihn die Lage in seiner Rolle als Aufsichtsratschef von Adidas: Mit dem Wechsel von Bjørn Gulden vom Nachbarn Puma an die Vorstandsspitze von Adidas ist Rabe ein echter Coup gelungen. Allerdings hat auch der Sportartikelkonzern mit genügend Schwierigkeiten zu kämpfen – von der Schwäche in China bis zum hohen Lagerbestand.

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