Labour Party

Sadiq Khan bringt sich in Stellung

Londons Bürgermeister hat sich für den nahezu unvermeidlichen Kampf um die Labour-Führung positioniert. Anders als Parteichef Keir Starmer will er das Thema Brexit wieder auf die Tagesordnung setzen.

Sadiq Khan bringt sich in Stellung

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Für Londons Bürgermeister Sadiq Khan (52) ist immer Wahlkampf. Er setzt bereits Duftmarken für den Kampf um die Labour-Führung, der nahezu unvermeidlich einsetzen wird, sobald es einen Termin für die nächsten Unterhauswahlen gibt. Denn dem hölzernen Oppositionsführer Keir Starmer ist zuzutrauen, dass er den im Grunde sicheren Wahlsieg vergibt. Während Starmer eine Rückkehr in den Orbit der Europäischen Union ausgeschlossen hat, betonte Khan in einer Rede vor Geschäftsleuten in der City of London den „immensen Schaden“, den der Brexit angerichtet habe. Es bedürfe einer „pragmatischen Debatte“ über die Vorteile von Zollunion und gemeinsamem Markt, forderte er. „Wir brauchen eine größere Angleichung an unsere europäischen Nachbarn.“ Die Regierung leide offenbar unter „selektivem Gedächtnisverlust“, wenn es um eine der Wurzeln der Probleme des Landes gehe. „Nachdem wir sie zwei Jahre lang geleugnet und vermieden haben, müssen wir uns nun der harten Wahrheit stellen: Der Brexit funktioniert nicht“, sagte Khan.

Aus seiner Sicht wäre es am besten, wenn London seine eigene Zuwanderungspolitik machen könnte. Dadurch ließe sich sicherstellen, dass die britische Metropole über ausreichend Fachkräfte verfüge, um kritische Dienstleistungen am Laufen zu halten.

Anders als Starmer, der im Schattenkabinett von Jeremy Corbyn für das Thema Brexit zuständig war, als der Altlinke noch bei Labour den Ton angab, ist Khan eher den „Blairites“ zuzuordnen – dem wirtschaftsfreundlichen Flügel der Partei, dessen Angehörige von seinen Gegnern als „Red Tories“ verunglimpft werden. Doch hatte er sowohl die Invasion im Irak als auch die Anti-Terror-Gesetzgebung Tony Blairs kritisiert. Zu seinen radikalsten Programmpunkten gehörte, keine Preiserhöhungen im öffentlichen Nahverkehr zuzulassen. Verhindern konnte oder wollte er sie nach seiner Wahl zum Londoner Bürgermeister dann aber doch nicht.

Khan war der erste Muslim, der je einem britischen Kabinett angehörte. Unter Blairs Nachfolger Gordon Brown fungierte der auf Menschenrechtsfragen spezialisierte Anwalt als Verkehrsminister. Im Wahlkampf um das Londoner Bürgermeisteramt wurde ihm 2016 Nähe zu Islamisten unterstellt. Davon kann aber keine Rede sein. Nachdem er sich als Labour-Abgeordneter für den Londoner Stadtteil Tooting, in dem er geboren wurde, für die Schwulenehe starkgemacht hatte, erhielt Khan Morddrohungen aus den Reihen der religiösen Extremisten. Er wurde sogar von einem Imam aus Bradford per Fatwa zum Apostaten erklärt.

Khan wird vorgeworfen, seine Aufgaben zu vernachlässigen, um sich der großen Politik zu widmen. Auftritte zur Unterstützung von Hillary Clinton im US-Wahlkampf 2016 trugen ebenso dazu bei wie sein Schulterschluss mit seiner Pariser Kollegin Anne Hidalgo, die bei der französischen Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr lediglich 1,75 % der Stimmen erhielt.

                   (Börsen-Zeitung,