Geburtstag

Stefan Gerlach 65

Die Welt der Zentralbanken und der Geld- und Währungspolitik – sie ist seit Jahrzehnten auch die Welt von Stefan Gerlach.

Stefan Gerlach 65

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Die Welt der Zentralbanken und der Geld- und Währungspolitik – sie ist seit Jahrzehnten auch die Welt von Stefan Gerlach. Die irische Zentralbank als Teil des Eurosystems, die Zentralbank der Zentralbanken BIZ in Basel, die Hong Kong Monetary Authority – das sind nur einige der Stationen, die der gebürtige Schwede, der am Montag seinen 65. Ge­burtstag feiert, in seiner beruflichen Laufbahn erlebt hat. Und auch in Frankfurt war er einige Jahre tätig – als Professor am Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS).

Vor allem aber in seiner Zeit bei der Central Bank of Ireland hat Gerlach nicht nur aus nächster Nähe mitbekommen, wie das zinspolitische Geschäft läuft, sondern selbiges auch direkt mitgestaltet. Von September 2011 bis Dezember 2015 war Gerlach, der auch die schweizerische Staatsbürgerschaft besitzt, Vizechef der irischen Zentralbank. In dieser Funktion nahm er auch regelmäßig an den Sitzungen des EZB-Rats teil, der über die Geldpolitik im Euroraum entscheidet.

Vor seiner Zeit bei der irischen Zentralbank war Gerlach unter anderem lange Jahre Mitarbeiter bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die eine Art Dachorganisation der Zentralbanken ist. Zu der Zeit arbeitete er auch dem damaligen BIZ-Chefvolkswirt William White zu, der heute als Krisenprophet gilt, weil er frühzeitig vor den Finanzrisiken gewarnt hatte, die sich später in der Finanzkrise entluden.

Ein Freund klarer Worte

Heute ist Gerlach Chefvolkswirt der schweizerischen EFG Bank und er mischt sich nach wie vor intensiv in die geldpolitischen Debatten ein – auch mit Interviews oder Beiträgen in renommierten Zeitungen und Publikationen. Er ist zudem ein gern gesehener Gast auf hochrangigen Konferenzen zum Thema – und sein Wort findet Gehör. Der Ökonom scheut dabei niemals klare und notfalls auch kritische Worte in Richtung der Notenbankerzunft.

In der aktuellen Debatte über das Dilemma der Zentralbanken zwischen viel zu hoher und teils rekordhoher Inflation auf der einen und der zunehmenden Rezessionsgefahr auf der anderen Seite sowie in der Diskussion über die Angemessenheit der beispiellosen geldpolitischen Straffung weltweit gehört Gerlach eher zu den kritischen Stimmen. Das machte er erst Mitte September auch im Interview der Börsen-Zeitung deutlich (vg. BZ vom 14. September).

„Die Inflation ist zu hoch und die Zentralbanken sollten natürlich die Zinsen anheben“, sagte Gerlach. „Aber manchmal hat man das Gefühl, dass ihre Hauptsorge nicht die hohe Inflation ist, sondern dass sie in der Öffentlichkeit als inkompetent und als gleichgültig gegenüber der Inflation angesehen werden.“ Und um ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen, wollten sie nun zeigen, wie hart sie sind und wie stark sie die Zinsen anheben. „Es ist, als ob sie miteinander wetteifern, wer die größte Zinserhöhung wagt. Zweimal falsch ergibt aber nicht einmal richtig“, so Gerlach. „Sie sollten jetzt nicht übertreiben, nur weil ihnen vorgeworfen wird, die Inflation unterschätzt zu haben.“