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Untersuchungsrichter befragen Ghosn

Eine Delegation der französischen Justiz ist in den Libanon gereist, um den früheren Renault-Chef zu befragen. Er steht im Verdacht, Gesellschaftsvermögen veruntreut zu haben.

Untersuchungsrichter befragen Ghosn

Der frühere Renault- und Nissan-Chef Carlos Ghosn muss diese Woche drei französischen Untersuchungsrichtern Rede und Antwort stehen – allerdings nicht in Frankreich. Stattdessen ist eine Abordnung der französischen Justiz in den Libanon gereist, wo sie den 67-jährigen Ghosn fünf Tage lang mehrere Stunden lang in einem Gericht von Beirut befragen wird. Ghosn, der seit seiner spektakulären Flucht aus Japan Ende 2019 im Libanon lebt, steht im Verdacht, Gesellschaftsvermögen veruntreut zu haben.

Die französischen Untersuchungsrichter interessieren sich vor allem für zwei Abendveranstaltungen, die im Schloss von Versailles stattfanden, für Geldflüsse zwischen der niederländischen Tochter von Renault und Nissan zu dem Renault-Vertriebshändler im Oman, Suhail Bahwan Automobiles (SBA), sowie für hochdotierte Beraterverträge, die Renault während der Zeit abgeschlossen hat, in der Ghosn Chef war – etwa mit der früheren Justizministerin Rachida Dati. Die Feiern im Schloss von Versailles soll Ghosn als private Einladungen im Gegenzug für einen Sponsorenvertrag von Renault mit dem Baudenkmal organisiert haben.

Die drei Rechtsanwälte Carlos Abou Jaoude, Jean-Yves Le Borgne und Jean Tamalet, die dem früheren Automobilmanager nun zur Seite stehen, erklärten, es gebe schwere Verfahrensfehler. Diese Anomalien seien auf die sehr individuellen Methoden der Untersuchungen in Japan zurückzuführen, die die wichtigste Quelle des französischen Ermittlungsverfahrens seien. Da Ghosn jetzt von den französischen Untersuchungsrichtern als Zeuge vernommen werde, habe er aber keinerlei Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit des Verfahrens anzufechten. Das könne er nur, wenn gegen ihn Anklage erhoben werde. Denn dann habe er auch Einsicht in die Akten.

Da gegen Ghosn seit seiner Flucht aus Japan ein internationaler Haftbefehl von Interpol vorliegt, will er den Libanon nicht verlassen. Nach Angaben seines Anwalts Le Borgne wünscht sich der Manager jedoch nichts mehr, als sich endlich zum Kern der Sache äußern zu können. Deshalb habe er eingewilligt, Fragen zu beantworten. Ursprünglich habe die Befragung schon letztes Jahr stattfinden sollen, heißt es in Frankreich. Sie musste wegen der Pandemie verschoben werden.