M&A

Zentraler Baustein in der Risikoprüfung von Transak­tionen

Investitionsbeschränkungen und Embargos spielen in der Risikoprüfung in Transaktionen eine immer größere Rolle; bei Verstößen drohen Investoren empfindliche Geldbußen.

Zentraler Baustein in der Risikoprüfung von Transak­tionen

Von Stephan Müller und

Carsten Bormann *)

Umfassende Sanktionspakete und sich stetig verändernde Vorgaben der Exportkontrolle zur Durchsetzung nationaler und internationaler au­ßen- und sicherheitspolitischer Ziele fordern von Unternehmen ein neues Maß an Compliance-Anstrengungen. Gleichzeitig müssen Investoren in M&A-Transaktionen ihre Due-Diligence-Prüfungen ausweiten, um die Compliance des Zielunternehmens zu überprüfen und sicherzustellen, dass Risiken angemessen zugeordnet und im Kaufvertrag berücksichtigt werden.

Die von der EU und westlichen Verbündeten gegen Russland verhängten Sanktionen sind Teil des umfassendsten Sanktionspaketes, das jemals gegen einen einzelnen Staat verhängt wurde. Doch geopolitische Spannungen weltweit nehmen nicht erst seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine zu. In dem Umfeld sind die Kontrolle der Ausfuhr kritischer Technologien und Sanktionen sowie die Überprüfung ausländischer Investitionen zentrale Instrumente von Regierungen geworden, um Sicherheitsinteressen durchzusetzen. Dabei stellt die Einhaltung rechtlicher Vorgaben Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen – und ist bei M&A-Transaktionen für Investoren ein zentraler Baustein der Risikoprüfung geworden.

Europäische Unternehmen müssen rechtliche Vorgaben auf verschiedenen Ebenen beachten: Exportkontrolle und Sanktionen auf europäischer und nationaler Ebene, extraterritorial wirkende US-Vorschriften sowie politische Bestrebungen auf nationaler und europäischer Ebene, die die Einhaltung bestimmter Sanktionen untersagen könnten.

Die einzuhaltenden Vorschriften sind vielgestaltig: Sanktionen und Embargos gegen bestimmte Staaten und Personen, Ausfuhr- und Einfuhrbeschränkungen sowie Genehmigungserfordernisse für bestimmte Produkte und Dienstleistungen. Handlungen, die gegen diese Be­schränkungen verstoßen, sind zivilrechtlich nichtig und stellen, wenn sie fahrlässig oder vorsätzlich begangen werden, in der Regel eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat dar. Die Risiken für einen Investor sind erheblich, weil em­pfindliche Geldbußen und schwerwiegende wirtschaftliche Folgen drohen, wenn etwa der Zugang zu Märkten ganz oder teilweise verwehrt wird. Entsprechend wichtig ist die Due Diligence in diesem Bereich.

Nach allgemeinen Grundsätzen bestehen Risiken für Investoren insbesondere dann, wenn zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits eine hinreichend konkretisierte Pflichtverletzung der Zielgesellschaft vorlag. Für ein Share-Deal-Szenario bedeutet dies, dass die Zielgesellschaft zwar für ihre Rechtsverstöße in der Vergangenheit haftbar bleibt, der Erwerber aber die Anteile mit dem Haftungsrisiko „infiziert“ erwirbt. Aber auch die Fortführung des Geschäfts der Zielgesellschaft ohne angemessene Trade Compliance stellt ein erhebliches Risiko dar.

Weitreichende Konsequenzen

Angesichts der Vielschichtigkeit und Dynamik rechtlicher Vorgaben ist die Frage daher nicht allein, ob es überhaupt Verstöße gegeben hat. Vielmehr müssen Investoren feststellen, ob die Zielunternehmen angemessene Compliance-Systeme eingeführt haben. Werden im Rahmen der Due-Diligence-Prüfung Compliance-Verstöße festgestellt, ist der Erwerber regelmäßig rechtlich (und oft auch nach unternehmensinternem Compliance Regime) verpflichtet, dafür zu sorgen, dass diese Verstöße beseitigt werden, bevor die Verantwortung für den Geschäftsbetrieb des Zielunternehmens übernommen wird. So könnte der Erwerber das Zielunternehmen beispielsweise verpflichten, den Export bestimmter Produkte einzustellen oder die Geschäftsbeziehungen zu bestimmten Kunden zu beenden. Bei unzureichenden Compliance-Systemen muss zeitnah nachgebessert werden.

Zudem können Regelungen im Kaufvertrag aufgenommen werden, um die Risiken angemessen zu verteilen. Eine Kaufpreisanpassungsklausel erlaubt dem Erwerber, den Kaufpreis zum Closing zu ändern, um Verbindlichkeiten aus Compliance-Verstößen, aber auch Investitionen in die Verbesserung der Compliance zu berücksichtigen. Enthält der Kaufvertrag eine Compliance-Garantie, können Compliance-Verstöße als aufschiebende Bedingung vereinbart und dem Käufer das Recht eingeräumt werden, im Falle eines Verstoßes den Abschluss der Transaktion zu verweigern. Diese Maßnahme kann sehr wirksam sein, um die Einhaltung der Vorschriften durch das Zielunternehmen bis zum Abschluss der Transaktion zu gewährleisten.

Durch eine umfassende Compliance-Garantie kann auch die Einhaltung internationaler Handelsvorschriften abgesichert werden. Verkäufer werden regelmäßig versuchen, die Garantie „nach bestem Wissen und Gewissen“ einzuschränken, um Schadenersatzansprüche zu be­schränken. Schließlich können die Parteien vereinbaren, dass der Verkäufer den Käufer von bestimmten Compliance-Verstößen freistellt. Dies betrifft insbesondere solche Sachverhalte, die einen erheblichen Einfluss auf den Wert eines Unternehmens haben und bei denen eine abschließende Beurteilung zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses nicht möglich ist.

*) Stephan Müller ist Partner, Carsten Bormann Rechtsanwalt in der Kanzlei Oppenhoff in Köln.

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